Auf den Kern gebracht #12: Lean Management
Lean Management beschreibt eine Denk- und Arbeitsweise, die durch die Kombination verschiedenster Methoden die Effizienz und Agilität von Unternehmen steigert. Es wird jegliche Verschwendung reduziert und der Fokus auf das Wesentliche gelegt. Dabei wird viel Wert auf Kundenorientierung und die Schaffung von Mehrwert gelegt, um größtmögliche Qualität zu einem adäquaten Preis anbieten zu können.
Definition und Entstehung
Der Ansatz des Lean Managements (zu Deutsch „schlankes Management“) zielt darauf ab, alle Prozesse in einem Unternehmen so effizient und frei von Verschwendung wie möglich zu gestalten. Die Suche nach bestmöglicher Qualität legt einen starken Fokus auf Kundenorientierung bei gleichzeitiger Reduktion unnötiger Kosten und Fehler. Lean Management beschreibt ein ganzheitliches Konzept, das auf alle Bereiche einer Organisation angewandt werden kann und klar definierte und optimierte Prozesse beinhaltet. Teilbereiche sind dabei je nach Anwendungsgebiet Lean Production, Lean Leadership oder Lean Development.
Der Ansatz des Lean Management lässt sich zurückführen auf die Automobilindustrie, insbesondere dem japanischen Hersteller Toyota. Bereits in den 1930er Jahren führte Toyota das Projekt „Toyota Production System“ (TPS) ein, dessen Ziel es war, Verschwendung im Unternehmen zu minimieren und die Produktion effizienter und günstiger zu gestalten. Der Erfolg dieser Methoden machte sich schnell bemerkbar, und andere Branchen entwickelten adaptierte Versionen davon. Der Begriff Lean Management wurde schließlich 1992 von Werner Pfeiffer und Enno Weiß etabliert. Zu Beginn stand dabei noch die Produktion stark im Vordergrund, mit der Zeit wurde Lean Management jedoch auch auf andere Organisationsbereiche wie Büro oder Logistik ausgebreitet. So kann die gesamte Wertschöpfungskette industrieller Güter optimiert und „lean“ gestaltet werden.
Die 5 Prinzipien des Lean Management
Nach Womack und Jones (1992) richtet sich die Umsetzung von Lean Management in Unternehmen nach fünf Kernprinzipien. Bei einer gelungenen Umsetzung dieser können ohne großen Aufwand und kostspielige Schulungen beträchtliche Einsparungen gemacht werden. Dadurch steigt auch die Motivation der Mitarbeitenden, aktiv teilzunehmen. Gelingt die Verankerung des Bewusstseins für Lean Management bei den Mitarbeitenden und Führungskräften folgen höhere Produktivität, Qualität und Wettbewerbsfähigkeit.
Identify Value
Im ersten Schritt werden die Bedürfnisse des Kunden in den Mittelpunkt gestellt. Dabei werden die Prozesse des Unternehmens aus der Sicht des Kunden betrachtet, um die bestmögliche Qualität zum geringsten Preis anbieten zu können.
Map Value Stream
Im nächsten Schritt geht es darum, den Wertstrom zu identifizieren. Dieser umfasst alle Prozesse, die zur Herstellung des Produkts beitragen. Durch die detaillierte Betrachtung einzelner Schritte werden verschwenderische und überflüssige Prozesse von essenziellen getrennt. Ist der Wertstrom identifiziert, kann das gesamte System auf die Unterstützung dessen ausgerichtet werden.
Create Flow
Um die Produktion effizient gestalten zu können, ist ein reibungsloser Workflow unabdingbar. Damit dieses Prinzip erreicht werden kann, sollten sämtliche Abläufe des Wertstroms so gut verknüpft wie möglich gestaltet werden. Unnötige Pufferzeiten, Zwischenlager und Engpässe sollten überdacht und beseitigt werden. Wichtig dafür ist vor allem auch eine effektive Zusammenarbeit zwischen Teams und verschiedenen Abteilungen.
Establish Pull
Das Pull-Prinzip führt zu Reduzierungen in Wartezeiten und Verzögerungen, da je nach Menge der Kundenbestellungen produziert wird. Die Arbeit wird somit am Bedarf ausgerichtet, was Überstunden verringert, die Lagerung von Teilprodukten minimiert und für personelle Entlastung sorgt. Die vorhandenen Ressourcen werden so geschont und der Workflow garantiert.
Seek Perfection
Im letzten Schritt des Lean Managements wird ein ständiges Streben nach Verbesserung verfolgt. Nach dem Motto „Stillstand bedeutet Rückstand“ wird ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) in Unternehmen eingeführt, um durch die Einbringung der Mitarbeitenden Agilität zu ermöglichen. Schlechte Gewohnheiten werden so schon vor der Entstehung minimiert. Die Anforderungen und Rahmenbedingungen von Organisationen ändern sich kontinuierlich, weshalb auch Arbeitsabläufe laufend hinterfragt und verbessert werden müssen.
Anwendungsbereiche
Diese Prinzipien lassen sich im gesamten Unternehmen durch verschiedene Konzepte und Methoden umsetzen. Je mehr Prozesse optimiert werden, desto mehr überflüssige Zeit und Energie kann eingespart werden.
In der Produktion
Betrachtet man das Produktionssystem von Toyota, wird schnell klar, warum dieses als eines der effizientesten der Welt gilt. Jede Art von Störfaktoren oder Verschwendung wurde eliminiert. In der Produktion ist es besonders wichtig, firmeninternes Know-how auszubauen und Automatisierungen einzuführen (Low Cost Automation). Erprobte Teamarbeit und Zuverlässigkeit der Mitarbeitenden bilden das Grundgerüst für die Lean Production.
Im Büro
Auch im Büro kann die Implementierung von Lean Management die Effizienz deutlich verbessern. Hier können verschiedene Konzepte wie Lean Administration (effiziente Organisation der Büroarbeit), Kaizen (konsequentes Innovationsmanagement) oder die 5S-Methode (optimale Arbeitsplatzgestaltung) eingesetzt werden. Durch die genaue Wahrnehmung der Vorgänge und Schnittstellen im Büro lassen sich Zeitfresser und ungeklärte Verantwortungsbereiche schnell identifizieren. Dabei geht es nicht nur um die Struktur im Büro selbst, sondern auch um transparente und klare Zusammenarbeit mit den Kunden.
In der Logistik
Die Logistik eines Unternehmens kann eine Schwachstelle für Zeitverzögerungen und schlecht organisierte Abläufe bilden. Auch hier gibt es zahlreiche Ansätze wie beispielsweise die Rüstzeitoptimierung, durch welche Maschinenverfügbarkeit erhöht und Aufträge schneller bearbeitet werden können.
Kann Management auch ZU lean sein?
Lean Management besitzt eine universelle Anwendbarkeit, die über diverse Branchen und Unternehmensgrößen hinweg angepasst werden kann. Die Voraussetzung für die gelungene Umsetzung der erwähnten Methoden ist ein hohes Maß an Selbstdisziplin und eine gute Zusammenarbeit innerhalb des Unternehmens. Aus diesem rigiden Fokus auf Einsparung können unter Umständen auch Nachteile für die Mitarbeitenden entstehen. Die Fehlerkultur des Unternehmens kann durch die Reduzierung von Verschwendung gefährdet werden. Dies kann wiederum die Entwicklung neuer Ideen und Innovationen verhindern. Die weitgehende Automatisierung von Produktionsabläufen kann zu einer Reduzierung von Personal und infolge dessen zu Angst vor Arbeitsplatzverlust führen. Deshalb muss immer darauf geachtet werden, dass die gesamte Besatzung den Sinn und Zweck der Methoden des Lean Managements versteht, und seitens der Führungskräfte die Komponente „Mensch“ im Unternehmen nicht für Profit vernachlässigt wird.
Fazit zu Lean Management
Das Hauptaugenmerk liegt bei Lean Management auf der Reduktion von Verschwendung durch optimierte Arbeitsabläufe und einer Schaffung von Mehrwert für den Kunden. Die fünf Prinzipien können in verschiedenen Bereichen des Unternehmens angewandt werden. Zieht das gesamte Unternehmen an einem Strang, steigt nicht nur die Produktivität und die Qualität, sondern auch die Zufriedenheit der Kunden und der Mitarbeitenden.
Prioritäten setzen heißt auswählen, was liegenbleiben soll.
Von Helmut Nahr, deutscher Mathematiker
Literatur
Pfeiffer, W., & Weiß, E. (1994). Lean Management: Grundlagen der Führung und Organisation lernender Unternehmen. Erich Schmidt Verlag GmbH & Co KG.
Womack, J. P., Jones, D. T., & Roos, D. (1992). Die zweite Revolution in der Autoindustrie.
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