Bore-out: Gefährliche Langeweile im Job
Wenn übermäßige Belastung Burn-out zur Folge hat, was passiert dann bei Unterforderung? Immer öfter ist in den Medien vom Bore-out-Syndrom die Rede, ein Zustand des Gelangweiltseins. Diese Kehrseite von Burn-out verursacht hohen innerlichen Stress für Betroffene und kann körperlich und geistig krank machen. Zu den Folgen gehören unter anderem Antriebslosigkeit und körperliche Beschwerden. Ein gewisses Maß an Herausforderung ist für die menschliche Psyche wichtig, in vielen Berufen wie bei Fließbandarbeiten oder anderen monotonen Tätigkeiten empfinden Mitarbeitende jedoch oft chronische Unterforderung. Warum Bore-out immer mehr zum Problem wird und was Sie gegen die gefährliche Langeweile im Job unternehmen können, lesen Sie im heutigen Artikel von zweikern.
Wenn Langeweile krank macht
Populär wurde der Begriff durch das 2007 veröffentlichte Buch „Diagnose Boreout“ von Werder und Rothlin. Zu den Symptomen gehören vor allem Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, Depressionen, Rücken- und Kopfschmerzen, Tinnitus, Schlafstörungen und Magen-Darm-Probleme. Damit sind sie den Symptomen von Burn-out sehr ähnlich, die Ursachen liegen aber an gegensätzlichen Enden desselben Spektrums. Die Entstehung von Bore-out fördern vor allem eine wenig abwechslungsreiche Arbeit und ein Gefühl von Sinnlosigkeit in Kombination mit wenig Austausch und Feedback. Betroffene fühlen sich häufig nicht wertgeschätzt von Vorsitzenden und sind fachlich unterfordert. Die Langeweile wird auch oft unterdrückt und anderen gegenüber verheimlicht, da in unserer Leistungsgesellschaft mit Langeweile häufig Faulheit verbunden wird.
Besonders Bore-out-gefährdet sind Menschen, die auch im Privatleben wenig Sinn erleben. In Kombination mit Angst vor Veränderungen und Scham über die als nicht zufriedenstellend erlebten Produktivität, leiden viele Betroffene still vor sich hin. Dadurch entsteht ein Teufelskreis: Gegen die Langeweile wird nichts unternommen, was ein Gefühl von Ohnmacht und depressive Verstimmungen erzeugt, welche wiederum die Änderungsmotivation noch weiter drücken. Laut der Psychologin Elisabeth Prammer bedarf es deshalb sowohl einer Kombination von Desinteresse, Langeweile und Unterforderung als auch einer Bemühung, diese zu verstecken, um von Bore-out betroffen zu sein. Die Folge sind unzufriedene Mitarbeitende, die innerlich gekündigt haben und sich vom Unternehmen immer mehr zurückziehen. Das wahre Potenzial der Mitarbeitenden wird dabei oft übersehen, was dem Unternehmen zusätzlich finanziellen und personellen Schaden zufügt.
Abhilfe bei Bore-out
Unternehmen können grundlegende Bedingungen schaffen, die es Mitarbeitenden ermöglichen, sich weiterzuentwickeln. Sei dies durch Fortbildungen, Stellenwechsel innerhalb des Unternehmens oder den Erwerb von neuen Kompetenzen – Bore-out passiert nur da, wo Stillstand herrscht. Die Leistungen der Mitarbeitenden anzuerkennen und wertzuschätzen erhöht die Zufriedenheit und das Engagement. Vorgesetzte sollten realistische Ziele setzen und Feedbackschleifen integrieren. Auch unter Bore-out leidene Menschen selbst können proaktiv werden. Betroffenen fällt es oft schwer, aus dem frustrierenden Zustand der Unterforderung loszukommen. Bereits das Wissen darüber, dass Unterforderung ebenso krank machen kann wie Überforderung, kann schon für Erleichterung sorgen. Nun geht es darum, schrittweise einen Weg aus der Langeweile zu finden.
Als ersten Schritt sollte erfasst werden, wie genau der momentane Zustand aussieht. Welche Tätigkeiten wann erledigt werden, wie das Arbeitsklima aussieht und ob Unterstützung seitens des Unternehmens wahrgenommen wird, kann in einer Art Tagebuch erfasst werden. So lässt sich genau identifizieren, was die Problempunkte sind. Ist dies geschehen, sollten die empfundenen Missstände auch kommuniziert werden. Im Gespräch mit Vorgesetzten kann klar gesagt werden, dass gerne neue Herausforderungen in Angriff genommen werden würden. Unternehmen sind oft froh um proaktive und kreative Köpfe, die von sich aus Veränderungen anstoßen. Wenn bestimmte Qualifikationen vorhanden sind, die vom Unternehmen nicht wahrgenommen werden oder es Tätigkeiten gibt, die Sie besonders interessieren, sollten diese unbedingt angesprochen werden.
Die Dosis macht das Gift
Wird die Arbeit zwar spannender, die Freizeit und das private Leben sind aber immer noch wenig sinnstiftend, kann der Weg aus dem Bore-out ein mühsamer sein. Es gibt zahlreiche Hobbies, die körperlichen, geistigen oder seelischen Ausgleich schaffen können. Bleibt die soziale Komponente auf der Strecke, könnten außerdem Sportkurse, Bücherklubs oder häufigerer Kontakt zu Freunden anregend sein. Ein erfüllendes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit sieht für jeden Menschen anders aus, weshalb es hier keine allgemeinen Richtlinien gibt. Eine monotone Tätigkeit in der Arbeit kann als zufriedenstellend empfunden werden, wenn die restlichen Stunden des Tages einen Ausgleich bieten. Ebenso kann anstrengende Arbeit durch einen erholsamen, ruhigen Feierabend ausgeglichen werden. Sinn, Zeit und Geld sollten in einem Verhältnis stehen, dass persönlich als bereichernd empfunden wird.
Sollten alle Stricke reißen, kann ein Arbeitgeberwechsel eine Lösung sein. Werden jedoch die zerstörerischen Gedankengänge hinter Bore-out nicht parallel verbessert, könnte die Situation im neuen Unternehmen der im alten schnell ähneln. Zudem fällt es den Betroffenen aufgrund von fehlender Motivation und Energie meist schwer, ohne Hilfe von außen Veränderungen anzustoßen. Hierbei können klassische Psychotherapie sowie Beratungen und Coachings Hilfestellungen leisten. Psychische Symptome wie depressive Verstörungen sind nicht auf die leichte Schulter zu nehmen und können schwere Folgen haben, wenn sie nicht behandelt werden. Eine Kombination aus sinnstiftenden Aktivitäten, mehr Abwechslung im Job und positiveren Gedankengängen bieten einen sicheren Weg aus dem Bore-out.
Fazit zu Bore-out
Genauso wie eine zu hohe Belastung können auch zu niedrige Anforderungen Stress und Leid verursachen. Im Arbeitsleben sollte deshalb darauf geachtet werden, dass die individuelle Belastungsgrenze der Mitarbeitenden beachtet wird. Bore-out zeichnet sich durch Symptome wie depressive Verstimmungen, Desinteresse und körperlichen Beschwerden aus. Abhilfe können dabei verschiedene Ansätze schaffen, zuallererst muss aber immer eine Problemeinsicht bestehen. Auch Unternehmen können durch Wertschätzung, Feedback und ein Angebot an Fortbildungen zur Minderung von Bore-out beitragen. Auch wenn dieses Syndrom noch keine etablierte wissenschaftliche Erkrankung ist, kann es für Betroffene trotzdem erhebliches Leid verursachen.
Ich würde lieber an Leidenschaft, als an Langeweile sterben.
Von Vincent van Gogh
Literatur:
Rothlin, P., & Werder, P. R. (2007). Diagnose Boreout: warum Unterforderung im Job krank macht. Redline Wirtschaft.
Prammer, E. (2012). Boreout-Biografien der Unterforderung und Langeweile: eine soziologische Analyse. Springer-Verlag.
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