Confirmation Bias: Die Lösung des Denkfehlers
Menschen tendieren dazu, an persönlichen Glaubenssätzen festhalten zu wollen. Das Bedürfnis danach, die eigenen Erwartungen zu bestätigen, geht so weit, dass daraus eine kognitive Verzerrung werden kann: der Bestätigungsfehler. Theorien und Hypothesen werden dabei unabhängig von ihrem tatsächlichen Wahrheitsgehalt durch einen selektiven Wahrnehmungsfilter für bestätigt gehalten. Der Confirmation Bias ist eine völlig menschliche Tendenz, die auch wichtige psychologische Funktionen erfüllt. Dennoch kann das Bewusstsein über diesen Fehler der erste Schritt sein, objektivere und sorgfältiger durchdachte Entscheidungen zu treffen. Wie der Denkfehler funktioniert und was die Lösung dafür ist, lesen Sie im Artikel von zweikern.
Was macht der Confirmation Bias?
Der Bestätigungsfehler ist ein Wahrnehmungsfehler, der in der Kognitionspsychologie bereits seit den 1960er Jahren erforscht wird. Der Psychologe Peter Wason entdeckte diesen Effekt in verschiedensten Experimenten und stieß dadurch weitere Forschung an. Die menschliche Wahrnehmung ist alles andere als objektiv. Worauf wir unsere Wahrnehmung richten und wie wir diese Sinneseindrücke interpretieren, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Einer der dabei entstehenden kognitiven Fehler ist der fundamentale Attributionsfehler, welcher vor einigen Wochen bereits näher beleuchtet wurde. Ein anderer bedeutender Filter ist der Confirmation Bias bzw. Bestätigungsfehler.
Geht ein frisch eingestellter Mitarbeitender davon aus, in sozialen Interaktionen generell unbeliebt zu sein, wird seine Aufmerksamkeit eher von Reizen angezogen, die diese These bestätigen. Beobachtet er beispielsweise Teammitglieder dabei, wie sie sich in einer Gruppe unterhalten, könnte er automatisch davon ausgehen, dass sie sich über ihn lustig machen. In Wirklichkeit kreist die beobachtete Unterhaltung jedoch um ein ganz anderes Thema. Dieser Filter verursacht die Interpretation von neuen Informationen, sodass diese zur bisherigen Einstellung passen. Aber der Filter beginnt bereits beim Sammeln von Informationen: Der Mitarbeitende hat nicht bemerkt, dass ihn den ganzen Tag über alle Kolleginnen und Kollegen angelächelt haben, sondern nur, dass sie sich kurz ohne ihn unterhielten.
Es werden also von vornherein nur Informationen gesammelt, die die bisherige Überzeugung stützen. Auch unsere Erinnerungen werden vom Bestätigungsfehler beeinflusst. Man erinnert sich demnach viel eher an Inhalte, die die eigene Meinung abbilden. Ebenso wird häufig darauf verzichtet, diese Meinung zu hinterfragen oder neue, widersprüchliche Informationen aktiv aufzusuchen. Obwohl dieser Prozess unbewusst abläuft, ist er nicht bei jeder Person gleich stark ausgeprägt. Besonders in den sozialen Medien ist es besonders einfach, die eigene Meinung zu bestätigen. Einerseits schließt man sich als Vertreter einer bestimmten Meinung viel eher Gruppen und Diskussionen an, die diese Meinung ebenfalls teilen. Andererseits will der Algorithmus von Instagram, Facebook und Co. uns so lange wie möglich am Scrollen halten und präsentiert daher eher Inhalte, die mit unserem Wertvorstellungen, Vorlieben und Interessen übereinstimmen.
Belügen wir uns selbst?
Informationen und Meinungen zu suchen und anzunehmen, die unseren Hypothesen entgegenstehen, ist anstrengend und zeitaufwändig. Tun wir dies jedoch nicht und geben uns völlig dem Bestätigungsfehler hin, belügen wir uns über kurz oder lang selbst. Besonders bei negativen Einstellungen gegenüber sich selbst oder anderen kann dies schwere Folgen haben, indem psychische Probleme zusätzlich verstärkt und Uneinigkeiten noch vertieft werden. Wenn der Confirmation Bias also so schädlich ist, warum verfallen wir ihm dann ständig? Die Antwort ist einfach: Unser Gehirn will Energie sparen und benutzt wo immer möglich kognitive Abkürzungen und automatische Denkprozesse. Bereits bestehende Theorien zu bestätigen, fällt uns leichter und erfolgt schneller als neue zu entwickeln. Dies ist besonders dann nützlich, wenn schnelle Entscheidungen getroffen werden müssen.
Eine weitere wichtige Funktion des Bestätigungsfehlers ist die Stärkung unseres Selbstbewusstseins. Würden wir uns selbst, unser Können und Wissen ständig hinterfragen, wäre dies kontraproduktiv für unseren Selbstwert. Gerade lange bestehende, tiefgreifende Werte und Glaubenssätze beeinflussen unsere Identität oft maßgeblich. Werden diese Werte widerlegt, kann das schmerzhaft sein und uns dazu bewegen, an unserer Intelligenz zu zweifeln. Dieser Effekt beeinflusst auch Gruppendynamiken: Wird ein Glaubenssatz als sehr wichtig und korrekt angesehen, begegnet man Menschen mit anderen Meinungen schnell mit Verachtung. Das kann zu Konflikten zwischen Gruppen führen, die unterschiedliche Glaubenssätze vertreten und damit soziale Kooperation verhindern.
Die Lösung des Problems
Um dem Confirmation Bias entgegenzuwirken, setzt man am besten bereits bei der Suche nach Informationen an. Da die Hauptursache für diesen Wahrnehmungsfilter ein fehlendes Bewusstsein dafür ist, ist das Gegenmittel dementsprechend die Stärkung des Problembewusstseins. Der Bestätigungsfehler geht davon aus, dass wir unsere Hypothesen bestätigen wollen. Ein weiterer Lösungsansatz kann daher das bewussteFormulieren von Alternativhypothesen sein. Versuchen Sie, als Vertreter einer anderen Meinung an ein Thema heranzugehen, werden Sie wahrscheinlich merken, dass Sie relevante Aspekte bisher übersehen haben.
Sich selbst einzugestehen, dass man mit einer These falsch liegt, ist schwierig und verletzt unter Umständen das Ego. Nur so lernt man aber aus Fehlern und entwickelt sich im Leben weiter. Sowohl im Berufs- als auch im Privatleben ist das Wachsen an eigenen Fehlern eine wichtige Fähigkeit. Weitere Wege, um dem Wahrnehmungsfehler nicht zu erliegen, sind die Erweiterung des eigenen Horizonts und ein auf Objektivität gerichtetes Augenmerk. Menschen sind Gewohnheitstiere und holen Informationen gerne aus vertrauten Quellen ein. Versuchen Sie das nächste Mal, wenn Sie sich über ein Thema informieren wollen, andere Quellen als sonst aufzusuchen. So könnten neue Informationen ans Licht kommen.
Fazit zum Confirmation Bias
Der Bestätigungsfehler ist ein Filter unserer Wahrnehmung und unseres Denkens, der die eigenen Hypothesen bestätigen will. Dieser Fehler betrifft uns in verschiedensten Lebenslagen und kann sowohl gutes als auch schlechtes bewirken. Er stärkt unser Ego und fördert unser Zugehörigkeitsgefühl, führt aber auch zu Halbwissen und sozialen Konflikten. Ist man sich dieses Fehlers bewusst, ist bereits der erste Schritt getan, um ihm entgegenzuwirken.
Fehler sind das Tor zu neuen Entdeckungen.
Von James Joyce (1882-1941), irischer Schriftsteller
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