Das Monster Unternehmenskultur: Ignorieren ist keine Option
Es ist schon wirklich lange her, dass ich einen Blogartikel für unsere Homepage verfasst habe. Es liegt mir einfach nicht, meine manchmal doch etwas überspitzte Art der Wahrnehmung schriftlich auf den Punkt zu bringen. Doch seitdem Corona aus den Köpfen der Menschen nicht mehr wegzudenken ist (wobei trotz erschreckenden Meldungen manch einer noch immer so agiert, als gäbe es diesen Virus nicht), musste ich mich auch das erste Mal damit beschäftigen, was das Wort Auszeit bzw. Pause bedeutet. Es fühlte sich so an, als hätte man mich auf „Hold“ gesetzt und mir bleibt nichts anderes als zuzuschauen, wie es jetzt weiter geht.
Wenn man zu dieser Zeit nicht gerade Masken produziert oder nach dem heißbegehrten Impfstoff geforscht hat, bleibt einem Unternehmen auch keine andere Möglichkeit, als den Zwangsurlaub einzuläuten. So erging es vermutliche weltweit Millionen von Menschen wie mir. Doch kann man komplette Unternehmen tatsächlich auf "Hold“ setzen? Ich nutze gerne meinen temporären Zwangsurlaub, um nach langer Zeit mal wieder meine Gedanken aufs „digitale Papier“ zu bringen.
Meine verkorkste Wahrnehmung von Unternehmenskultur
Sind wir mal ehrlich: Viele Menschen erzählen fast schon auf romantische Art und Weise wie wichtig Unternehmenskultur doch ist. Doch wenige behandeln dieses Konstrukt als das, was es ist: Ein erbarmungsloses Monster, das sich unaufhörlich weiterentwickelt und wächst, ob man in diesen Prozess durch Maßnahmen eingreift oder nicht.
Ich würde fast schon sagen, Unternehmenskultur ist ein richtiger Berserker, der, wenn man ihn lässt, alles daran setzt, Dinge kaputt zu machen. Denn es sind die unterschwelligen Faktoren (Führung, Informationsmanagement, etc.) der Unternehmenskultur, die man oft nicht mal wirklich beschreiben kann, die einem Unternehmen manchmal das Genick brechen können.
Wie oft ich in den letzten Wochen gehört habe, dass man das Thema Führung aufgrund der aktuellen Situation nicht angreifen möchte. Diese Aussage klingt so, als könne man Unternehmenskultur und alle dazugehörigen Aspekte einfach mal einfrieren und zu gegebenem Zeitpunkt wieder auftauen und einfach weitermachen. So als bräuchte eine Krise keine Kultur und damit keine Führung.
Ist eine Krise ohne Führung eine Form von Kultur?
Ich greife die Frage der Überschrift gerne auf. Alles, was im Unternehmen passiert und eben auch nicht passiert, ist auf irgendeine Art und Weise Unternehmenskultur. Es gibt keinen Schalter, den man an- und wieder ausschalten kann, der das Monster schlafen legt. Eine Krise braucht klare und fokussierte Führung. Vor allem in Zeiten, in denen wir uns nicht mehr ohne Maske in die Augen schauen können und der Großteil unserer Kommunikation digital abläuft. Der Ist-Stand schreit nach Struktur, nach Austausch und einem gemeinsamen Konsens, wie wir in dieser Situation miteinander umgehen können. Nicht auszudenken, was passiert, wenn Führungskräfte nicht dazu in der Lage wären, Struktur zu geben.
Eigentlich ist das falsch ausgedrückt. Denn ausdenken muss ich mir das garnicht. Das Szenario ist ja ohnehin wohl bekannt. Irgendwas im Unternehmen läuft schief - Keiner weiß eigentlich so richtig, wo man ansetzen soll - Man holt einen externen gut bezahlten Berater, der das ganze richten soll und baut im besten Fall zusätzlich eine interne Akademie auf, ohne einen sauberen Rahmen zu setzen - Der Effekt bleibt aus und die Konsequenz, die übrig bleibt, ist zu oft verbrannte Erde.
Das Monster wächst und wächst
Was meine ich mit verbrannter Erde? Ich sitze ziemlich oft in Projekten, in denen mir etliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ihren Frust um die Ohren hauen und mir mitteilen, dass das doch eh alles keinen Sinn macht und die Zielsetzung hinter dem Projekt nicht wirklich verstanden wurde. Man habe in den letzten Jahren einige solcher Veränderungsprozesse erlebt, aber verbessert hat sich nie wirklich etwas. Allein solche Aussagen sind pures Gift und behaften jede weitere Zielsetzung des Unternehmens von Anfang an negativ. Da braucht man sich über fehlendes Commitment für die vage Umschreibung eines Unternehmensziels nicht beschweren.
Denn auch wenn einige Menschen in Unternehmen oftmals verbrannt wirken, angezündet haben sie sich nicht selbst. Es sind die etlichen Versuche über fehlplatzierte Maßnahmen und fehlendem Konsequenzmanagement, die dazu führen, dass zukünftige Projekte erst garnicht angestoßen werden müssen, solange dieser Zustand herrscht. Alle diese, als Gift beschriebenen Aussagen, sind Teil der Wahrnehmung der Mitarbeitenden im Unternehmen und damit Teil der gelebten Unternehmenskultur. Das Monster wächst und wächst und die Frage, die bleibt ist, wie man das Monstrum besänftigt.
Ich plädiere für einen Leinenzwang
Ja, das hört sich etwas beklemmend an, ich weiß, aber man sollte auch einen schlecht erzogenen, kläffenden und vielleicht beißenden Hund nicht ohne Leine durch den Park laufen lassen. Nimmt man diese Metapher und versucht sich das kulturelle (unternehmensbezogene) Geschehen zu erklären, kann man sich eigentlich nur an den Kopf fassen. Denn nicht nur, dass man den Hund von der Leine lässt und versucht, ihn mit Leckerlis vollzustopfen, bis er endlich die Klappe hält. Nein, man regt sich im Anschluss auch noch darüber auf, dass nur noch einbeinige Menschen durch den Park laufen und versucht verzweifelt dafür eine Erklärung zu finden. Das ist in meinen Augen tatsächlich abstrus.
Was meine ich damit, wenn ich möchte, dass das Monster Unternehmenskultur an die Leine genommen wird? Es müssen Mittel und Wege gefunden werden, die es Unternehmen erlauben zu verstehen, warum das Monster gerade mal wieder beißt und akut dagegen gesteuert werden. Denn Maßnahmen sind nur dann sinnvoll, wenn sie Wirkung zeigen. Maßnahmen, die willkürlich oder aufgrund von Glaubenssätzen in den Raum geschmissen werden, führen in den seltensten Fällen zu Nachhaltigkeit und können eher als blinder Aktionismus beschrieben werden. Hier bleibe ich bei meiner Aussage: Eine schlechte Maßnahme ist schlimmer als keine Maßnahme.
Unternehmenskultur als lebender Organismus
Unternehmenskultur wird von Menschen gelebt und ist damit eine Art lebender und sich stetig entwickelnder Organismus. Dieser lebende Organismus kann oftmals wirklich ungangehm werden und wir sollten alles daran setzen, in Zukunft nicht nur mit schön ausgeschmückten Worten daran zu arbeiten, ein oberflächliches Glücksbärchen zu mästen, sondern die Themen als das betrachten, was sie wirklich sind. Aufgaben, denen wir uns manchmal auch mit heruntergelassener Hose stellen müssen, weil wir nicht immer auf alles eine Antwort haben. Genau diese Einsicht schafft schon eine gewisse Milderung in der progressiven, druckverseuchten Monsterzucht.
Fazit
Obwohl ich mit meinen Artikeln auch immer Psychohygiene in eigener Sache betreibe, kommen mir aufgrund dessen auch immer wieder sehr gute Ideen.
Wir bei zweikern arbeiten nun seit mehreren Jahren daran, Wege zu schaffen, die Menschen eines Unternehmens als das zu betrachten, was sie sind: Der wichtigste Teil auf dem Pfad zu nachhaltiger Veränderung und der Schlüssel zum Unternehmenserfolg. zweikern versucht nicht umsonst, über digitale Prozesse und den Aufbau von Fakten, das „Monster Unternehmenskultur“ an die Leine zu legen und die Menschen im Unternehmen zu befähigen, an Ihren eigenen Maßnahmen zu arbeiten. Denn nur wer die Verantwortung übernimmt, das Monster zu besänftigen bwz. zu lenken, wird nachhaltig erfolgreich sein.
Für alle, die bis hierhin gelesen haben und wissen möchten, wie wir diese Themen bearbeiten: Ihr findet unternachfolgendem Link eine kurze und schlüssige Erklärung: zweikern Meet
In diesem Sinne freue mich wie immer auf den Austausch mit all unseren Lesern über das Kommentarfeld oder per Mail unter hallo@zweikern.com.
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Kommentar von Giovanni S. |
Hallo Herr Kerneder,
wenn bei uns bereits zu viele schlechte Maßnahmen eine "vergiftete" Unternehmenskultur hinterlassen haben, was würden Sie dann empfehlen? Sie sagen im Text, dass man dann künftige Projekte erst garnicht anstoßen muss. Sollten wir das dann also einfach in Ruhe lassen und ein paar Jahre warten?
Herzlichen Dank,
G.
Antwort von Andreas Kerneder
Hallo Giovanni,
danke für deinen Beitrag. Es ist natürlich schwierig in so einer Situation. Worauf ich mit meiner Aussage hinauswollte ist folgendes: Zukünftige Maßnahmen sollten gut durchdacht sein und mit der nötigen Knsequenz verknüpft werden. Nur so können die Projektmitarbeitenden eines Unternehmens lernen, dass das Angestoßene einen Effekt hat und nicht wieder versumpfen wird.
Es braucht viel Überzeugungsarbeit, um solche Themen voranzutreiben.
Und nein: Natürlich ist es keine gute Idee es einfach komplett bleiben zu lassen. Es sollte nur von vorne bis hinten gut überlegt sein, mit welchen Maßnahmen, was erreichen möchte.
HG
Andreas