Deeskalation: Konflikte und Streit verhindern
Konflikte entstehen über kurz oder lang überall da, wo Menschen zusammenkommen und -leben. Besonders im Umgang mit Kunden kann die Fähigkeit zum Konfliktmanagement eine wichtig sein. Je weiter fortgeschritten und näher am Eskalieren ein Streit ist, desto schwieriger wird es, auszusteigen und die Konfliktparteien wieder zu versöhnen. Deshalb ist ein möglichst frühes Eingreifen bei der Entstehung von Meinungsverschiedenheiten und Verstimmungen von Vorteil. Lösungs- und Deeskalationsansätze von Konflikten sind ebenso verschieden wie die involvierten Parteien selbst. Es gibt jedoch einige grundlegende Haltungen, Tipps und Tricks, die das Konfliktmanagement deutlich erfolgreicher machen. Wie Streit entsteht und wie er verhindert und entschärft werden kann, lesen Sie im neuen Artikel von zweikern.
Wie entstehen Konflikte?
Generell entsteht dort ein Konflikt, wo das Denken, Fühlen oder Handeln einer Partei mit dem einer anderen oder mehreren anderen Parteien unvereinbar ist. Zur Entstehung von Konflikten gibt es einige psychologische Theorien, eine der bekanntesten wurde von Friedrich Glasl (österreichischer Ökonom und Organisationsberater) 1980 entwickelt. Dabei eskalieren Konflikte in neun Stufen, die wiederum in drei Bereiche unterteilt werden können. In der ersten Phase können noch beide Konfliktparteien gewinnen (Win-Win), es treten aber bereits Verstimmungen und Verärgerung auf. In der zweiten Phase wird aus dem Miteinander zunehmend ein Gegeneinander und es kann nur noch einen Gewinner geben (Win-Lose). In der dritten Phase ist der Konflikt so weit fortgeschritten, dass der Streit von beiden Seiten unbedingt gewonnen werden will, auch wenn dadurch eigene Kosten und Nachteile entstehen (Lose-Lose). Dieses Modell lässt sich auf Konflikte in verschiedensten Lebensbereichen anwenden, von familiären bis hin zu geschäftlichen Streitigkeiten.
Das Aussteigen aus dem Konflikt wird immer schwerer, je weiter fortgeschritten und näher an der Eskalation er ist. Deeskalation beschreibt hingegen das Verhindern und die Entschärfung von Konflikten. Dies ist definitiv keine leichte Aufgabe, da bei einer Eskalation meist bereits auf einer sehr persönlichen Ebene gestritten wird. Mit rationalen Argumenten kommt man hier nicht mehr weit. Meist bestehen bereits festgefahrene Teufelskreise und gegenseitige Vernichtungsversuche, die emotional aufgeladen sind. Deeskalation ist deshalb vor allem in der Pflege, aber auch in Bereichen wie Schule, polizeilicher Arbeit und Kundendienst eine förderliche Kernkompetenz der Mitarbeitenden. Es gibt leider keine Allgemeinlösung, um Streit schnell und einfach aufzulösen. Was Deeskalation aber immer beinhalten muss, ist ein respektvoller Umgang und eine positive Wortwahl. Werden einige grundlegende Methoden der gewaltfreien Gesprächsführung geübt und umgesetzt, ist man im Nu ein Deeskalations-Profi.
Deeskalieren wie ein Profi
Aktiv Zuhören
Die Emotionalität von Konflikten erschwert es uns oft, ruhig und neutral zu bleiben. Dies ist aber eine Grundvoraussetzung für das erste Grundprinzip der Deeskalation: Das aktive Zuhören. Dieses beinhaltet eine mitfühlende Haltung, die die Gefühlsebene beider Konfliktparteien miteinbezieht. So werden verletzte Gefühle und Bedürfnisse aufgedeckt, die eine wichtige Rolle in Streitereien spielen. Empathische Gesprächsführung fördert nicht nur die Versöhnung der Konfliktparteien, sondern deckt auch Missverständnisse auf und fördert einen wertschätzenden Umgang. Als Dritter sollte man die Situation aus der Sicht aller Beteiligten berücksichtigen, um Fairness zu garantieren. W-Fragen können dabei helfen, die Motive der Gesprächspartner zu analysieren.
Gewaltfrei Kommunizieren
In engem Zusammenhang mit aktivem Zuhören steht die gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg. Unbedachte Sprache und verbale Attacken haben in Konflikten denselben Effekt wie Benzin im Feuer. Meist sind indirekte oder direkte sprachliche Angriffe ein Versuch, die Oberhand zu gewinnen und das Gegenüber aus der Bahn zu werfen. Der Schwerpunkt des Gesprächs ist an diesem Punkt weg vom eigentlichen Thema und hin zu einer persönlicheren Ebene abgerutscht. Hier werden oft auch andere Personen hinzugezogen, um die eigene Seite zu stärken und die Machtspielchen noch weiter anzuheizen. In Konflikten wird dabei oft in „Wolfsprache“ („… weil du immer zu faul bist!“) kommuniziert, die das Gegenüber angreift, verurteilt und Forderungen stellt. Die bessere Alternative ist die „Giraffensprache“, die sich durch Ich-Sätze („Ich habe das Gefühl, …“), Empathie und Offenheit ausdrückt. Ebenso wie beim aktiven Zuhören ist der Fokus auf die Gefühle und Bedürfnisse gerichtet, die hinter Handlungen stehen.
Gemeinsam eine Lösung finden
Um diesen respektvollen Umgang in der Praxis auch umzusetzen, ist die Festlegung von Grundregeln der Gesprächsführung in Unternehmen wichtig. Wenn ein Konflikt geklärt wird, werden alle involvierten Parteien über diese Regeln informiert. Diese können so aussehen, dass auf aggressive Sprache verzichtet wird und immer nur einer spricht. Mediatoren können hier als neutrale dritte Partei die Funktion des Streitschlichters einnehmen und die Befolgung der Regeln beachten. Nachdem jede Partei die eigenen Bedürfnisse und Sichtweisen ausdrückt, können gemeinsame Lösungswege erarbeitet werden. Die eine perfekte Lösung gibt es selten, weshalb eine gewisse Kompromissbereitschaft beider Seiten unerlässlich ist. Die gefundenen Lösungen werden anschließend bewertet und eine gemeinsame Entscheidung getroffen. Abschließend werden noch konkrete Umsetzungsschritte erarbeitet und ein Zeitplan für die Maßnahmen erstellt.
Manchmal sind Konfliktfelder in Organisationen bereits so festgefahren, dass es einige Zeit dauert, diese aufzulösen. Hier treffen stets Personen verschiedener Herkunft, Altersklassen, Persönlichkeiten und Ansichten aufeinander. Dadurch sind Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten vorprogrammiert. Für Führungskräfte kann der Umgang mit diesen Minenfeldern eine echte Herausforderung darstellen, weshalb sich alle Führungspersonen mit Konfliktmanagement auseinandersetzen sollten. Sind alle Beteiligten bereit, einen respektvollen Umgang an den Tag zu legen, lassen sich entstehende Konflikte bereits vor der Eskalation überwinden.
Fazit zu Deeskalation
Erfahrene Führungskräfte erkennen Streitigkeiten bereits in den frühen Phasen und greifen ein. Ist ein Konflikt erst festgefahren und wird er auf persönlicher Ebene ausgetragen, ist die Auflösung schwierig. Etablierte Fehler- und Feedbackkulturen in Unternehmen können dabei helfen, Deeskalation auf einer sachlichen Ebene zu praktizieren. Fühlen sich Führungskräfte überfordert und soll eine dritte, neutrale Person hinzugezogen werden, können Mediatoren streitschlichtend eingreifen. Diese bringen langjährige Erfahrung mit und wissen um die psychologischen Wirkmechanismen von Konflikten.
Das Ziel eines Konfliktes oder einer Auseinandersetzung soll nicht der Sieg, sondern der Fortschritt sein.
Von Joseph Joubert, französischer Moralist
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