Erwartungshaltung: Der Umgang mit Erwartungen
Erwartungen begleiten uns unser ganzes Leben lang. Bereits im Kindesalter prägen sie die Vorstellungen der Eltern für unsere Berufswahl.
Später dann bilden wir eigene Erwartungshaltung über unser zukünftiges Berufsleben. Vor allem bei Berufseinsteigern gibt es hier eine große Kluft zwischen Wunsch und Realität, die nach kurzer Zeit im Betrieb zur Ernüchterung führt.
Menschen haben unterschiedliche Erwartungshaltungen gegenüber dem Unternehmen, für das sie tätig sind oder sein werden, den Tätigkeiten, den Kollegen, der Führungskraft und an eigene Leistungen.
Viele wünschen sich eine interessante, verantwortungsvolle, manchmal auch fordernde Aufgabenbereiche, nette Kollegen, mit denen man sich gut versteht und einen verständnisvollen und einfühlsamen Chef. Andere legen wiederum mehr Wert auf die Kreativität in der Tätigkeit oder die Flexibilität in den Arbeitszeiten.
Führungskräfte haben wiederum eine Erwartungshaltung gegenüber den Mitarbeitern. Diese wünschen sich meist produktive und motivierte Angestellte, die lange im Unternehmen bleiben und wenig Auszeiten fordern. Diese Erwartungen hängen auch stark von der Unternehmensbranche ab. So erwarten sich Führungskräfte aus innovativen Branchen meist Mitarbeiter, die sehr kreativ sind und zahlreiche neue Ideen kundtun.
Veränderung der Erwartungshaltung
Diese Erwartungshaltungen können sich im Laufe der Zeit auch verändern. Die junge Angestellten-Generation schätzt z.B. das globale Teamwork, sowie die Freiheit und Flexibilität im Job. Durch die Digitalisierung, die Mobilität und die zunehmende Vernetzung ist es bereits möglich, mit Laptop und Handy von überall aus zu arbeiten. Der Trendforscher Sven Gábor Jánszky beschreibt Kriterien, die in der Zukunft entscheiden, ob wir einen Job annehmen oder nicht. Er sieht die Kriterien darin, ob das anstehende Projekt eine Herausforderung darstellt, die Aufgabe auch Sinn macht und man mit interessanten Menschen zusammenarbeiten kann.
Dieser Trend zeigt sich auch in einer Studie zum Thema „Was ist MitarbeiterInnen wichtig?“. Diese zeigt folgende Ergebnisse:
77 % der Mitarbeiter wünschen sich flexible Arbeitszeitgestaltung
52 % erwarten einen flexiblen Arbeitsort
47 % wollen Berufs- und Privatleben besser vereinbaren
38 % sehnen sich nach einer Unternehmenskultur
35 % erwarten sich eine angemessene IT Infrastruktur, um flexibler arbeiten zu können
32 % ist das Verhalten und Kompetenz der Führungskraft besonders wichtig
10 % wüschen sich eine höhere Flexibilität in Karriere und Entwicklungswegen
9 % wollen ihr Arbeitsumfeld flexibler gestalten können
(Quelle: Studie Alpach 2012, Flexibles Arbeiten – Stichprobe: 137 Personen aus 130 Firmen)
Es gibt allerdings nicht nur Veränderungen in der Erwartungshaltung seitens der Mitarbeiter, sondern auch von Seiten des Unternehmens bzw. der Führungskräfte.
Dies macht eine Studie in deutschen Unternehmen, die von 2013 bis 2014 von Statista durchgeführt wurde, deutlich. Dabei zeigt sich, dass neben den Hard-skills auch ein hohes Maß an Soft-skills von den Mitarbeitern erwartet wird. Es reicht nicht mehr aus fachlich kompetent zu sein, denn soziale Fähigkeiten gewinnen stark an Bedeutung.
Die angegebenen Punktezahlen gehen von einem Maximum von 350 Punkten und einem Minimum von 0 Punkten aus.
Dabei geht hervor, dass Motivation rund 285 Punkte erreicht und somit eine große Erwartungshaltung bezüglich dieses Faktors vorherrscht.
Verantwortungsbewusstsein liegt mit 248 Punkten an zweiter Stelle, gefolgt von Kommunikationsfähigkeit und Teamfähigkeit.
Das Selbstmanagement erreicht mit 209 Punkten im Ranking den 5ten Platz. Danach folgt das persönliche Auftreten, das Zeitmanagement, die Organisationsfähigkeit und Kritik- und Konfliktfähigkeit.
(Quelle: Hochschule der Medien, Statista 2015: Erwartungen an Berufseinsteiger im Bereich Soft Skills)
Erwartungen kommunizieren
Erwartungshaltungen sind also individuell und können von Mensch zu Mensch variieren. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, Erwartungen klar zu kommunizieren. Oft ist den Mitarbeitern gar nicht bewusst, was genau die Führungskraft von ihnen erwartet und auch umgekehrt. Daraus entstehen oft Missverständnisse und Unzufriedenheiten, die leicht zu vermeiden sind. Bereits beim Bewerbungsgespräch kann klar abgesteckt werden, was von einem Mitarbeiter verlangt wird und auch welche Erwartungen der Mitarbeiter an den Job und an das Unternehmen hat.
Allerdings ist diese offene Kommunikation über Erwartungen auch im normalen Arbeitsalltag von großer Bedeutung. Zum Beispiel beim Start eines Projektes haben die Teammitglieder häufig unterschiedliche Erwartungen im Bezug auf die Zusammenarbeit, auf das Ziel sowie die Wichtigkeit des Projektes. Werden diese Erwartungen nicht von Anfang an aufgedeckt und besprochen bzw. auf einen Nenner gebracht, ist Streit oder sogar ein Scheitern vorprogrammiert. Das selbe gilt bei Arbeitsaufträgen. Es kann passieren, dass Mitarbeiter mit anderen Erwartungen an eine Sache herangehen, als die Führungskraft und so der Arbeitsauftrag missverstanden wird. Dies führt wiederum zu vergeudeter Zeit, unnötiger zusätzlicher Arbeit und Frust.
Mit einer offenen Kommunikation über Erwartungshaltungen kann man sich einiges an Frust und Ärger ersparen. Im Vorhinein ist es noch leichter seine eigenen Erwartungen zu verändern. Im Nachhinein ist man eher verärgert, wenn seine eigene Vorstellung von der Realität abweicht. Aus diesem Grund sollte man genau reflektieren, was man von sich selbst, von anderen oder von Projekten erwartet. Diese Erkenntnisse sollten dann weitergegeben und ausgetauscht werden, um etwaige Differenzen so früh wie möglich zu klären.
Erwartungen können nur enttäuscht werden, weil es die falschen waren
von Helga Schäferling
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Kommentar von Eve |
Sehr interessant, schade dass man sich oft eher in die Nesseln setzt, wenn man seine Erwartungen kommuniziert. Man gilt als undankbar oder gar überhaupt als Querulant. Es scheint auch wenige bereits installierte "Erwartungshaltungsgespräche" zu geben - eigentlich würde das Teil einer guten Unternehmenskultur sein. Es könnte auch durchaus in anderen Gefilden - etwa Universitäten das Vorhandene gut ergänzen.
Antwort von Andreas Kerneder
Hallo Eve, vielen Dank für deinen Kommentar und deine Perspektive auf die Inhalte des Artikels. Natürlich machen auch wir immer wieder die Erfahrung, dass wir eher schief von der Seite angeschaut werden, sobald wir unsere Erwartungen an Projekte und deren Projektteilnehmer ganz offen kommunizieren. Ansonsten würde man ja auch viel zu oft aneinander vorbei reden, als das man konstruktiv an Themen arbeitet. Vor allem Lehreinrichtungen sind es nicht gewöhnt (die Erfahrung habe ich gemacht), wenn StudentInnen einmal ganz laut aussprechen, was sie denken. Einer meiner ehemaligen Professoren war aufgrund der damaligen Kommunikationskultur ziemlich entnervt und hat mir einmal diesen Spruch um die Ohren gehauen: "Wo, wenn nicht an der Uni, sollte man offen diskutieren können?"