Feedback: Die vier Phasen emotionaler Reaktionen
Viele Mitarbeitende und Führungskräfte sind von den Ergebnissen eines 360-Grad-Feedbacks überrascht. Manche sind sich der Wahrnehmungen anderer Menschen überhaupt nicht bewusst und können nur schwer mit kritischem Feedback über sich selbst umgehen. Sie erleben häufig dieselbe Bandbreite an Emotionen, die auch diejenigen empfinden, die um den Verlust eines geliebten Menschen trauern. Wir können diese Emotionen bei jeder Art von dramatischer Veränderung in unserem Leben erkennen. Das englische Akronym SARA beschreibt diesen Prozess, der aus Schock, Wut, Widerstand und Akzeptanz besteht. Mehr über die vier Phasen emotionaler Reaktionen auf Feedback lesen Sie bei zweikern.
360-Grad-Feedback und das SARA-Modell
360-Grad-Feedback ist ein Instrument zur Personalentwicklung, das sich besonders gut zur Leistungsbewertung von Führungskräften eignet. Dabei handelt es sich um ein System oder einen Prozess, bei dem Mitarbeitende und Führungskräfte ein vertrauliches, anonymes Feedback von den Personen erhalten, die mit ihnen arbeiten. Dazu gehören in der Regel die Vorgesetzten, Kollegen und direkte Mitarbeitende. Die Feedback-Formulare enthalten Fragen, die auf einer Skala bewertet werden, und fordern die Bewertenden außerdem auf, schriftliche Kommentare abzugeben. Die Person, die das Feedback erhält, füllt zusätzlich eine Umfrage zur Selbsteinschätzung aus, die dieselben Fragen enthält, die auch die anderen Personen in ihren Formularen erhalten. Oft fallen diese Feedback-Runden positiv aus, meist gibt es jedoch auch Bereiche, die weniger gut ausfallen.
Aber was tun, wenn das Feedback negativer ausfällt als erwartet? Emotionale Reaktionen auf negatives Feedback sind normal und folgen einem bestimmten Muster, das in der Trauerarbeit oft als SARA-Modell bezeichnet wird. SARA ist ein englisches Akronym, das für Schock (Shock), Wut (Anger), Widerstand (Resistance) und Akzeptanz (Acceptance) steht. Führungskräfte, die Feedback verarbeiten, müssen oft erst diesen Prozess durchlaufen, bevor sie in der Lage sind, das Feedback effektiv zu nutzen, um Verbesserungen in ihrem Leben vorzunehmen. Einige Schritte können auch übersprungen oder mehrere Emotionen gleichzeitig erlebt werden. Die Schwere der Erfahrung steht in direktem Zusammenhang mit den Auswirkungen, die die Veränderung auf eine Person hat.
Die vier Phasen emotionaler Reaktionen
Schock
Die erste Phase des SARA-Modells ist der Schock. Unsere erste Reaktion auf eine Rückmeldung kann Schock oder die Ablehnung der Rückmeldung sein, insbesondere wenn das, was wir hören, unerwartet ist oder unseren eigenen Ansichten widerspricht. Wenn Menschen schockiert sind, sagen sie vielleicht Dinge wie: "Dieser Bericht kann nicht richtig sein" oder "Was? Ich verstehe diesen Bericht nicht."
Wut
Wenn uns klar wird, was die Rückmeldung bedeutet, kann der Schock in Wut oder Angst umschlagen, vor allem, wenn wir die Tragweite der Rückmeldung erkennen. In der Phase der Wut kann man Dinge sagen wie: "Wer hat das überhaupt gesagt?!" oder "Dieser Bericht passt einfach nicht zu meiner aktuellen Situation."
Widerstand
Wenn das Feedback auf die Notwendigkeit von Veränderungen hinweist, kann es sein, dass wir eine Phase des Widerstands erleben. Veränderungen können schwierig oder zumindest unangenehm sein. Menschen, die auf Widerstand stoßen, sagen vielleicht: "So bin ich nun mal, nimm es oder lass es" oder "Ich verstehe es, aber es gefällt mir nicht".
Akzeptanz
Der letzte Schritt des SARA-Modells ist die Akzeptanz. Während wir das Feedback verarbeiten, kommen wir zu einem Punkt der Akzeptanz, der uns an eine bessere Position bringt, als wir zu Beginn hatten. Wenn eine Person ihr Feedback schließlich akzeptiert, hört man sie vielleicht sagen: "Was kann ich tun, um mich zu verbessern?" oder "Wie kann ich dieses Feedback am besten nutzen?"
Ein weiterer Schritt, der manchmal erwähnt wird, ist die Hoffnung/ Heilung. Man findet Dinge am Feedback, die man akzeptieren und verstehen kann, und bestimmt dann einen Handlungsweg. Manche Modelle nennen diesen letzten Schritt auch ehrliches Bemühen, um die Tatsache zu akzeptieren, dass auch bei echtem Veränderungswillen Fehlschläge auftreten können. Es braucht Zeit, um Gewohnheiten und Verhaltensweisen zu ändern. Wir sind schließlich auch nur Menschen.
Nicht alle reagieren gleich …
Forschungen von Dr. Barbara Annis, einer Expertin für geschlechtsspezifische Intelligenz, legen nahe, dass Männer und Frauen diese Phasen in unterschiedlichem Tempo durchlaufen. Männer neigen dazu, ungewöhnliche oder überraschende Situationen als Probleme zu betrachten, die es zu lösen gilt. Wenn ein Problem lösbar ist, legen Männer eher Wert darauf, zu handeln und das Problem schnell zu lösen. Wenn ein Problem nicht gelöst werden kann, neigen Männer dazu, sich in einen Zustand der Akzeptanz zu versetzen: Wenn sie erkennen, dass sie die aktuelle Situation nicht ändern können, ist es am sinnvollsten, sie loszulassen. Frauen hingegen neigen dazu, mehr Zeit in einer Grübelphase zu verbringen. Sie können nicht so schnell zur Akzeptanz übergehen, sondern verweilen länger im Zustand der Ablehnung und Rationalisierung. Sie fragen sich, was sie hätten anders machen können, oder machen sich Gedanken darüber, was in der Situation passiert ist und was die möglichen Konsequenzen sind, und durchlaufen dieses Gedankenmuster über einen längeren Zeitraum.
Fazit zu den vier Phasen emotionaler Reaktionen
Kritisches oder unerwartetes Feedback kann uns für Tage, Wochen schockieren, verunsichern und möglicherweise sogar wütend machen. Besonders schwierig kann es sein, mit Feedback von jemandem umzugehen, der uns wichtig ist (z. B. Vorgesetzte, Ehepartner, Freund). Die gute Nachricht ist, dass diejenigen, die anfangs schockiert oder verärgert auf ein Feedback reagieren und das SARA-Modell durcharbeiten, am Ende oft ein größeres Engagement für Veränderungen und Verbesserungen zeigen. Als Kritisierende*r ist es hilfreich, zu wissen, wo sich jemand auf der Veränderungskurve des SARAH-Modells befindet, um die Botschaft oder den Ansatz anzupassen. Mit der richtigen Botschaft können Sie Menschen dazu ermutigen, mit ihren Emotionen besser umzugehen.
Good feedback is the key to improvement.
Von Bill Gates
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