Führung im Jetzt!
„Einfach Mensch sein und in jedem anderen Mitarbeiter ebenfalls zuallererst den Menschen erkennen!“ Dieser Satz als Grundeinstellung stellt unserer Meinung nach die Voraussetzung für eine erfolgreiche Führung dar; der Baustein auf dem alles Weitere aufbauen kann.
Auch wenn die heutige Zeit den Anschein erweckt, dass alle Abläufe perfektioniert, technisiert, oder maschinell ablaufen, dürfen wir nicht vergessen, dass wir, die das alles erschaffen haben, immer noch menschlich sind. Menschlichkeit im Sinne der Fehleranfälligkeit. Wir Menschen sind nicht unfehlbar, aber genau das, was wir als Schwachstelle sehen, macht uns aus, macht uns einzigartig und unverwechselbar.
Um Menschen führen zu können, sollte man sich mit dem Menschen an sich auseinandersetzten, mit all seinen Stärken und Schwächen sowie Hoffnungen und Ängsten.
Das Bild einer Führungskraft hat sich über die letzten Jahrzehnte stark verändert. Bei einer Befragung von Führungskräften aus dem Jahre 1998, 2003 und 2008 wurde ersichtlich, dass eine mitarbeiterorientierte sowie transparente Führung immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Ein Grund dafür ist die wachsende Individualisierung, die Wünsche und Ziele jedes Einzelnen rücken immer stärker in den Vordergrund. Dadurch haben sich die Ansprüche an die Arbeit verändert und die Selbstbestimmung wird zu einem wichtigen Maß der Arbeitszufriedenheit.
Auch das Aufzeigen einer Wertekultur eines Unternehmens sowie die Sinnhaftigkeit der Arbeit sind unabdingbar für die Prozesse von „morgen“.
Durch die zunehmende Vernetzung und Globalisierung von Märkten wird die Unternehmens- und Mitarbeiterführung zu einer immer komplexeren Aufgabe. 60 Prozent der Unternehmensleiter empfinden bereits aktuell ein sehr hohes Maß an Komplexität in ihrer Tätigkeit (IBM, 2010). 79 Prozent erwarten sogar noch eine Zunahme dieser Komplexität, worauf sich allerdings nur 49 Prozent vorbereitet fühlen.
Um einer Überforderung der Führungskräfte entgegenzusteuern ist die Teamarbeit ein wichtiger Faktor. Durch unterschiedliche Fähigkeiten der Menschen in Teams können sehr komplexe Aufgaben besser und schneller gemeistert werden.
Aus diesem Grund suchen 75 Prozent der Unternehmensleiter bei der Personalauswahl vor allem nach Teamfähigkeit und 67 Prozent nach Kommunikationsfähigkeit der potenziellen Mitarbeiter (IBM, 2012). Teamarbeit kann nicht nur die Führungskraft entlasten, sondern wird auch von den Mitarbeitern als motivierend empfunden und führt so zu einer Unternehmensidentifikation und Verbundenheit.
Unterstützung in die Führung integrieren
Ein weiterer sehr wichtiger Faktor, der sich über die Zeit stark verändert hat, ist die Bedeutung der empfundenen Unterstützung des Mitarbeiters durch die Führungskraft.
Im Zeitvergleich zeigt sich, dass in Deutschland die empfundene Unterstützung von gut 58 Prozent im Jahr 2005, auf knapp 47 Prozent im Jahr 2010 gesunken ist. Der Durchschnitt der europäischen Union liegt im Jahr 2010 bei 59 Prozent. Das heißt die Deutschen fühlen sich um ganze 12 Prozent weniger von ihren Führungskräften unterstützt als der Durchschnitt der Mitarbeiter in der EU. Diese Entwicklung ist bedenklich, da dieses Unterstützungsgefühl einen wesentlichen Beitrag zur Arbeitszufriedenheit leistet. MitarbeiterInnen, die sich durch ihre Führungskraft selten oder nie unterstützt fühlen, sind etwa zu 77 Prozent mit ihrer Arbeit zufrieden. Werden sie allerdings manchmal, häufig oder immer unterstützt, steigt der Anteil der Zufriedenen auf über 93 Prozent an.
Einen ähnlichen oder sogar stärkeren Effekt kann die Führungskraft durch Feedback, respektvollen Umgang, gute Konfliktlösungsfähigkeit, Organisationstalent und die Ermutigung der Mitarbeiter zur Beteiligung an Entscheidungen erreichen.
All diese Themen sind schon länger im Arbeitsalltag präsent und meist wissen Führungskräfte auch über die Wichtigkeit dieser bescheid. Das Problem liegt im Kontrast der Wahrnehmung zwischen den Mitarbeitern und der Führungskraft hinsichtlich des Führungsstils der praktiziert wird.
Genau aus diesem Grund hat Führung heutzutage auch viel mit Selbstreflexion und transparenter Kommunikation zu tun.
Dazu gehört es sich zu fragen: “Was brauchen meine MitarbeiterInnen, um gute Arbeitsleistungen zu erbringen, was kann ich tun, um sie dabei zu unterstützen und was mache ich bereits gut dabei?“
Behandle die Menschen so, als wären sie, was sie sein sollten, und du hilfst ihnen zu werden, was sie sein können.
von Johann Wolfgang von Goethe
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Kommentar von Wolfgang Rottler |
Hallo Frau Andorfer,
Die nachlassende Unterstützung der Mitarbeiter durch die Führungskräfte in Deutschland entspricht dem Maß des Rückzugs auf die reine Funktionalität eines Arbeitnehmers. Durch die wachsende soziale Abhängigkeit spart man sich das "menscheln". Man muss nicht mehr so tun, als würde man Wert auf die Einschätzung einer Sachlage seitens seiner Mitarbeiter legen. Der Vorteil liegt auf der Hand. Kommunikation und das Werben um Zustimmung und das Ringen um eine gemeinsame Vorgehensweise bei komplexer werdenden Aufgabenstellungen sind sehr, sehr aufwändig. Dieses alles "spart" man sich. Doch was kurzfristig Gewinn verspricht, rächt sich auf Dauer, weil es eben keine kommunikative Durchdringung mehr gibt. Dem zur Folge werden die Hierarchien wieder steiler, bis hin zum reinen Anweisungsstil mit den bekannten Folgen von Desorientierung und abnehmender Motivation in der Belegschaft.
Führungskräfte sind so gezwungen, täglich so zu tun, als bildeten sie mit ihren Untergebenen ein Team, wobei aber klar ist, dass sie nur ihre eigene Karriere verfolgen und eine berufliche Entwicklung der eigenen Teammitarbeiter nie wirklich beabsichtigt war; mit Ausnahme der Opportunisten im Team, versteht sich.
schöne Grüße aus Cadolzburg
Wolfgang Rottler
Antwort von Carina Andorfer
Lieber Herr Rottler,
vielen herzlichen Dank für Ihren ausführlichen Kommentar! Sie bringen es auf den Punkt, da ist wirklich nichts mehr hinzuzufügen. Es ist eine Art Weg-werf-Kultur entstanden, in der Mitarbeiter nur noch als Gebrauchsgegenstände verwendet werden und wenn sie ihre Leistung nicht mehr bringen können, werden sie ausgetauscht.
Ich bin wirklich gespannt, wie lange dieser Trend der Unmenschlichkeit in der Praxis noch durchgeführt wird. Die Einsicht, dass dieses Vorgehen auf Dauer kein Erfolgsrezept darstellt, kommt bestimmt und ich hoffe dieser Zeitpunkt tritt bald ein.
Liebe Grüße und noch eine erfolgreiche Woche,
Carina Andorfer