Erfolgreiches Homeoffice: Was braucht es dafür?
Das Homeoffice stellt für viele Unternehmen gerade in Zeiten des Coronavirus und des Social Distancing eine wichtige Alternative zum Büroalltag dar. Der technische Fortschritt der letzten Jahrzehnte ermöglichte für immer mehr Branchen den Umstieg auf die Heimarbeit und die Vorteile davon wurden sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer immer deutlicher. zweikern erläuterte in diesem Artikel bereits, welche Chancen und Risiken sich dadurch ergeben können. Ob das Arbeiten von zuhause aus nun besser ist als im Büro, lässt sich pauschal nicht beantworten und kommt auf individuelle Gegebenheiten an. Nicht jeder Job und jede Persönlichkeit erfüllen die Voraussetzungen für erfolgreiche Heimarbeit, so ist dies zum Beispiel bei Verkäufern oder Industriefirmen wenig sinnvoll. Unter welchen Bedingungen Homeoffice jedoch durchaus Sinn ergibt und erfolgreich umgesetzt werden kann, möchte ich in diesem Artikel genauer erläutern.
Voraussetzungen des Arbeitgebers
Für das Unternehmen bringt die Möglichkeit, Mitarbeitende auf Homeoffice umzustellen, oft entscheidende Vorteile mit sich (Martin & MacDonnell, 2012). Durch den reduzierten Bedarf an Bürofläche und -nutzung fallen die Kosten für Miete, Energie und Raumpflege für das Unternehmen geringer aus. Durch die Übertragung von mehr Verantwortung und Selbstständigkeit im Homeoffice steigt die Mitarbeitermotivation und die Produktivität. Ohne Ortsgebundenheit stehen die Chancen, die besten Fachkräfte einzustellen, um einiges höher. Doch was braucht ein Unternehmen, um Homeoffice anbieten zu können?
Berufliche Bedingungen
Natürlich bietet sich nicht bei jedem Job die Möglichkeit an, im den eigenen vier Wänden gemacht zu werden, sei es aus Gründen der Ausstattung oder der sozialen Verbindungen. Für Menschen, die in Laboren arbeiten, im Verkauf oder in Pflegeberufen, ergibt Homeoffice keinen Sinn. Wird jedoch die Tätigkeit hauptsächlich über den Computer ausgeführt, kann zumindest eine teilweise Umstellung durchaus Sinn haben. Jobs, die oft vom eigenen Heim aus erledigt werden, sind zum Beispiel Webseiten-Tester, Übersetzer, Journalist, Blogger oder Kundendienst.
Die Kompetenz der Mitarbeitenden wird im Homeoffice vor allem über erbrachte Leistungen und der Einhaltung von Deadlines messbar. Denn anders als bei Mitarbeitenden in Büros, die jeden Tag Kontakt zum Chef oder zur Chefin haben, sind die Möglichkeiten zur Leistungskontrolle zuhause geringer. Diese Leistungen müssen im Vorhinein genau festgelegt werden, um faire Bedingungen zu schaffen und nicht den Büroangestellten mehr Produktivität zuzuschreiben, nur weil sie für die Führungskräfte sichtbarer sind.
Rechtliche Bedingungen
Momentan haben Arbeitnehmer in Österreich noch kein Recht auf Homeoffice, in den Niederlanden gibt es seit 2015 bereits einen rechtlichen Anspruch darauf. Bis dies in Deutschland eingeführt wird, bestimmt jedes Unternehmen selbst darüber, ob Heimarbeit angeboten wird oder nicht.
Es ist wichtig, als Arbeitsgeber darauf zu achten, dass auch bei Mitarbeitenden im Homeoffice das Arbeitszeitgesetz eingehalten wird, weswegen diese Regelungen klar kommuniziert und durch ein Zeiterfassungssystem umgesetzt werden sollten.
Im Arbeitsvertrag sollten die Bestimmungen für die Heimarbeit genau festgehalten werden, um etwa unbezahlte Überstunden oder unpassende Zeiten der Erreichbarkeit zu vermeiden. Auch bezüglich der Räumlichkeiten und Regelungen des Datenschutzes sollten Vereinbarungen getroffen werden, mit denen alle Beteiligten zufrieden sind.
Die gesetzliche Unfallversicherung greift auch beim Homeoffice, jedoch nur zu den vereinbarten Arbeitszeiten und nur in den Räumen, in denen die Arbeit verrichtet wird. Auch für die Bereitstellung der nötigen Einrichtungsgegenstände trägt die Organisation die Verantwortung. Ob auch ein Teil der Betriebskosten vom Arbeitgeber übernommen wird, ist individuell zu entscheiden und ebenfalls vertraglich festzuhalten.
Voraussetzungen des Arbeitnehmers
Genauso wie sich nicht jede Tätigkeit fürs Homeoffice eignet, bringt auch nicht jeder Mitarbeitender die notwendigen Voraussetzungen mit. Im Homeoffice weiß man nur selbst, was man zu jeder Stunde des Arbeitstages macht und ist weniger der Kontrolle durch Kollegen und durch Vorgesetzte unterlegen. Dies stellt eine ganz eigene Herausforderung dar, die nicht alle bewältigen können oder wollen. Ist man jedoch jemand, der im Homeoffice gut zurechtkommt, ist man produktiver, autonomer und ausgeglichener (Gajendran & Harrison, 2007). Studien zufolge gibt es bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, die es Menschen ermöglichen, erfolgreiche Fernarbeit zu leisten (Tavares, 2017). Was zeichnet diese Menschen aus?
Selbstmotivation
Der verminderte soziale Austausch im Vergleich zum Bürojob zieht auch weniger Möglichkeiten zur Entstehung motivierender Gespräche nach sich. Das heißt, man muss im Stande sein, sich selbst motivieren zu können, Routinen bei- und Deadlines einzuhalten.
Erfahrungswerte und Selbstbewusstsein
Um selbstständig und effizient Probleme lösen zu können, bedarf es einiges an Berufserfahrung. Es kann schon mal vorkommen, dass man ein Problem lösen soll oder eine Entscheidung im Kundengespräch treffen muss, ohne schnell einen Kollegen um Rat fragen zu können. Dafür ist ein gewisses Maß an Wissen und Erfahrung unabdingbar.
Bedürfnis nach Einsamkeit
Arbeitet und lebt man in denselben Räumen, ist der Kontakt zu anderen Menschen oft begrenzt. Deshalb ist Homeoffice für sehr extrovertierte, kontaktfreudige Personen eher suboptimal, da sie schnell vereinsamen könnten und subjektiv empfundene soziale Isolation psychische Probleme zur Folge haben kann. Introvertierte Persönlichkeiten fühlen sich üblicherweise wohler in Heimarbeit.
Zeitmanagement und Organisation
Für Individuen, die sich gut selbst organisieren können und ohne äußeres Zutun eine regelmäßige, verlässliche Routine aufrechterhalten können, sollte Heimarbeit kein Abstrich an Produktivität bedeuten. Im Gegenteil, die Produktivität steigt dabei oft sogar an.
Konzentrationsfähigkeit
Vor allem für Heimarbeitende, die mit anderen Menschen wie Mitbewohner oder Kinder zusammenleben, kann es schwerfallen, sich nicht ablenken zu lassen. Auch der ständige Hintergedanke an Haushaltstätigkeit, die unerledigt im Nebenzimmer auf einen warten, kann zu Konzentrationsproblemen führen. Eine geeignete Umgebung und die Fähigkeit, fokussiert zu bleiben, ist deshalb wichtig.
Kommunikationsfähigkeit
Um Mitarbeitende und Vorgesetzte trotz der physischen Distanz auf dem Laufenden zu halten, ist ein gutes Kommunikationssystem ein Muss. Das Arbeiten an Projekten und in Teams lebt vom Austausch und fällt dieser weg, leiden nicht nur die sozialen Bindungen, sondern auch die Ergebnisse darunter. Tools wie die Kollaborationsplattformen Slack oder Zoom sind gute Möglichkeiten, sich trotz Homeoffice mit Kollegen auszutauschen.
Vertrauenswürdigkeit
Für das Abgeben der Kontrolle über die Mitarbeitenden seitens des Vorgesetzten muss ein gutes Vertrauensverhältnis bestehen. Auch der Arbeitnehmer muss sich sicher sein können, dass auf den Arbeitgeber Verlass ist, sollten Probleme entstehen oder es um die Anerkennung von Leistungen gehen. Gewissenhaftigkeit und ein regelmäßiger Austausch über den Stand der Dinge sind auf beiden Seiten gefragt.
Fazit für erfolgreiches Homeoffice
Arbeitsverhältnisse, in denen zumindest zeitweise die Arbeit zuhause verrichtet werden kann, werden immer beliebter. Mittlerweile bieten etwa vier von zehn Arbeitgebern in Deutschland Homeoffice an. Die Vorteile, die daraus hervorgehen, sind sowohl für die Arbeitgeber als auch für die Arbeitnehmer beachtenswert. Gesteigerte Produktivität, bessere Work-Life-Balance, mehr Verantwortungsbewusstsein und bessere Leistungen durch das Arbeiten in den eigenen vier Wänden machen das Homeoffice zur würdigen Alternative zum Büro. Erfüllen sowohl das Unternehmen und dessen Führungskräfte, als auch der Mitarbeitende die jeweiligen organisationalen und persönlichen Voraussetzungen, steht einem produktiven Homeoffice nichts mehr im Wege.
Konzentriere dich darauf, produktiv zu sein. Und nicht darauf, möglichst busy zu sein.
Von Tim Ferris, US-amerikanischer Autor und Unternehmer
Literatur
Gajendran, R. S., & Harrison, D. A. (2007). The good, the bad, and the unknown about telecommuting: Meta-analysis of psychological mediators and individual consequences. Journal of applied psychology, 92(6), 1524.
Martin, B. H., & MacDonnell, R. (2012). Is telework effective for organizations?. Management Research Review.
Tavares, A. I. (2017). Telework and health effects review. International Journal of Healthcare, 3(2), 30.
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