Innere Kündigung: Das Ende der Resignation?
Manche Mitarbeitende kündigen, ohne tatsächlich das Unternehmen zu verlassen. Sie erscheinen zur Arbeit, erledigen aber nur das absolute Minimum und zeigen keinerlei Engagement oder Motivation. Tritt dieses Verhalten auf, spricht man von innerer Kündigung, einer mentalen Resignation und Distanzierung vom Arbeitgeber, ohne dabei wirklich die Kündigung einzureichen. Die Leistung wird dabei erheblich beeinträchtigt, während gleichzeitig die Unzufriedenheit des Mitarbeitenden stetig ansteigt. Das ist nicht nur für Organisationen schädlich und für Führungskräfte eine echte Herausforderung, sondern schadet auch dem innerlich gekündigten Mitarbeitenden selbst. Wie diese Arbeitseinstellung entsteht, was die Ursachen sowie mögliche Behebungsmöglichkeiten sind, lesen Sie heute bei zweikern.
Selbst-Pensionierung als Ausweg
Das Phänomen der inneren Kündigung wurde vom deutschen Ideologen Reinhard Höhn Anfang der 1980er Jahre beschrieben; er nannte es jedoch erst „Selbst-Pensionierung“. Die Erforschung der Gründe und Eigenschaften der inneren Kündigung wurde infolgedessen ein Thema der Arbeits- und Organisationspsychologie. Man versteht unter innerer Kündigung eine mentale Verweigerung und stille Resignation am Arbeitsplatz. Betroffene finden sich bewusst oder unbewusst damit ab, dass sie in diesem Job nicht vorankommen und engagieren sich deshalb nicht mehr. Der Beruf wird zwar noch ausgeübt, aber nur in einem sehr eingeschränkten Ausmaß. Diese Resignation kann auch als passiv-aggressiver Protest wirken, der zum Ausdruck bringt, dass der Mitarbeitende mit der Arbeitssituation nicht zufrieden ist. Trotz der Unzufriedenheit wird aber nicht tatsächlich gekündigt, sondern weiter still gelitten. Bleibt dieser Zustand über längere Zeit bestehen, folgt häufig die wirkliche Kündigung.
Frühwarnzeichen der Resignation
Einige der Anzeichen für die innere Kündigung sind messbar, andere jedoch finden auf einer emotionalen und indirekteren Ebene statt. Ein deutliches Zeichen für Mitarbeitende, die innerlich keine Verbindung zum Arbeitsgeber mehr empfinden, sind vermehrte Krankenstände und Absentismus. Sowohl im beruflichen als auch im privaten Kontext wird häufig über die Arbeitsumstände gejammert oder sarkastische Kommentare dazu geäußert. Die tatsächlich erledigte Arbeit wird währenddessen auf ein Mindestmaß herabgesetzt, und es wird stets der Weg des geringsten Widerstands gewählt. Häufig wird die Arbeitszeit einfach „ertragen“, ohne neue Ideen einzubringen oder motiviert mitzuarbeiten. Da keine zufriedenstellende Zukunft im Unternehmen gesehen wird, werden auch Weiterbildungsangebote und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten nicht wahrgenommen. Aus diesen Symptomen resultiert auch eine angespannte Beziehung zu Kolleginnen und Kollegen sowie Führungspersonen.
Ursachen der inneren Kündigung
„Selbst-Pensionierungen“ entstehen nicht von heute auf morgen, sondern sind meist ein Resultat lange bestehender Kränkungen und Missstände am Arbeitsplatz. Zu den häufigsten Ursachen zählen eine zunehmende Perspektivlosigkeit, mangelndes Feedback und zwischenmenschliche Konflikte. Ähnlich wie beim Burnout, kann die innere Kündigung auch aus einem zu hohen Leistungsdruck und ständigen Belastungen entstehen. Eine unfaire Behandlung, ungerechte Bezahlungen und ignorierte Bedürfnisse sind ebenso Risikofaktoren, die dazu führen können, dass Mitarbeitende innerlich kündigen. Auf der anderen Seite kann auch eine sehr monotone Tätigkeit, die die Arbeitnehmer ständig unterfordert, ein Grund zur Resignation sein. Die Ursachen sind sehr vielfältig und sehen für jeden Mitarbeitenden unterschiedlich aus, weshalb auch die Lösung für das Problem individuell angepasst werden muss.
Wege aus der Krise
Die innere Kündigung ist für alle Betroffenen eine Lose-lose-Situation. Für Unternehmen fallen durch die Unproduktivität und mangelnde Leistung wirtschaftliche Kosten an. Die betroffenen Mitarbeitenden leiden vor sich hin, ohne etwas an der belastenden Situation zu verändern, und die restlichen Teammitglieder bekommen den fehlenden Einsatz auch zu spüren. Je nach spezifischen Gründen der inneren Kündigung können aber auch Gegenmaßnahmen gesetzt werden, die den Mitarbeitenden aus dem Zustand der Resignation holen. Liegt die Ursache in den Arbeitsbedingungen, kann das Unternehmen gezielt gegensteuern, indem beispielsweise höhere Löhne gezahlt werden, die Arbeitsleistung gewürdigt und das Arbeitsklima verbessert wird. Scheitert es an zwischenmenschlichen Konflikten oder fehlendem Kontakt, kann Coaching, Mediation oder eine gemeinsame Stärkung des Wir-Gefühls hilfreich sein.
Aber auch Betroffene müssen sich ihrer Lage nicht hilflos hingeben. Der erste Schritt ist, sich einzugestehen, dass ein Problem besteht. Die gute Nachricht ist, dass sie selbst einiges beitragen können, um ihrer scheinbar hoffnungslosen Situation zu entkommen. Wie sind Sie in diesen Zustand geraten? Was waren die Auslöser und was frustriert Sie am Job am meisten? Erst, nachdem die Quelle des Problems identifiziert wurde, können konkrete nächste Schritte geplant werden. Klar formulierte Ziele erleichtern das Finden von Lösungsansätzen enorm. Häufig ist ein Gespräch mit der Führungskraft notwendig, um ungünstige Situationen angenehmer zu gestalten. Sollten Sie etwa mehr Verantwortung wollen, andere Arbeitszeiten oder eine bessere Work-Life-Balance wollen, kann Ihre Führungskraft Sie dabei unterstützen. Auch kleine Veränderungen können bereits mehr Zufriedenheit und Freude an der Arbeit bewirken.
Manchmal reichen diese Veränderungen jedoch nicht aus, um die Frustration mit der Berufssituation zu überwinden. Dann kann ein interner Wechsel innerhalb des Unternehmens eine sinnvolle Möglichkeit sein, die Lust an der Arbeit wiederzufinden. Unsere Gefühle sind oft mit unserer Umgebung verknüpft, weshalb ein Szenenwechsel Erleichterung bringen kann. Damit verbunden sind auch neue Projekte, Aufgaben und ein neues Team, das vielleicht besser zu einem passt. Hat man das Gefühl, in einer Sackgasse zu stecken, kann auch eine komplette Auszeit vom Berufsleben Abhilfe schaffen und zur Besserung der psychischen Gesundheit beitragen. Sehen Sie bei Ihrem derzeitigen Arbeitgeber wirklich keine Hoffnung auf Besserung, ist es manchmal am besten, getrennte Wege zu gehen und das Glück in einer anderen Organisation oder Branche zu suchen.
Fazit zur inneren Kündigung
Für Führungskräfte ist das Zurück-ins-Boot-holen von innerlich gekündigten Mitarbeitenden keine leichte Aufgabe. Sollten Führungspersonen feststellen, dass sich Mitarbeitende zunehmend distanzieren und nur noch Dienst nach Vorschrift machen, quasi Arbeitszeit „absitzen“, kann ein ehrliches und offenes Gespräch oft Wunder vollbringen. Häufig sind es kleine Taten, die bereits große Veränderungen bewirken können.
In diesem Leben ist jeder mutig, der nicht aufgibt.
Von Sir James Paul McCartney, britischer Musiker
Literatur:
Brinkmann, R. D., & Stapf, K. H. (2005). Innere Kündigung: wenn der Job zur Fassade wird. CH Beck.
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