Allein im Homeoffice: So vermeiden Sie Überlastung
Studienergebnisse machen inzwischen ziemlich deutlich, was viele von uns selbst schon erlebt haben:die Umstellung auf Homeoffice durch COVID-19 und das ständige Alleinsein dabei kann emotional sehr belastend sein. Häufige Nebeneffekte sind Erschöpfung, soziale Isolation und Einsamkeit. Dabei zeigt die Forschung auch, dass das Unternehmen eine entscheidende Rolle darin spielt, wie groß der Schaden oder die Bereicherung ist, den Mitarbeitende durch Telearbeit erfahren. Was Unternehmen und Führungskräfte allein zur Vermeidung von Überlastung beitragen und wie sie Isolation entgegenwirken können, lesen Sie im neuen Artikel von zweikern.
Folgen der Krise
Die psychischen Effekte der COVID-19-Krise auf Menschen, die plötzlich ins Homeoffice wechseln mussten, werden immer deutlicher. Die Angst um die eigene Gesundheit kann dabei zu erhöhter Unterdrückung von Emotionen führen. Diese Emotionsunterdrückung beeinflusst wiederum die Erfüllung psychologischer Bedürfnisse negativ (Chong et al., 2020). Damit werden nicht nur Ziele weniger effektiv verfolgt und erreicht, sondern auch das Engagement in der Familie sinkt. Weitere Folgen können vermehrte körperliche Beschwerden und Fehltage sein. Eine geringe soziale Unterstützung der Mitarbeitenden seitens des Unternehmens begünstigt ebenfalls Gefühle von Einsamkeit und Isolation (Lengen et al., 2020). Durch unzureichende technische Ausstattungen und verminderter Kommunikation können zudem die Motivation und das Engagement der Mitarbeitenden kontinuierlich sinken (Trougakos et al., 2020). Diese Folgen sind jedoch nicht unumgänglich. Um jeglichen emotionalen und organisationalen Schäden entgegenzuwirken, können Unternehmen einige Maßnahmen umsetzen.
Förderung der sozialen Interaktion
Durch fehlende Kommunikation und sozialen Austausch fühlen sich Mitarbeitende häufig von der Führungskraft oder dem Team im Stich gelassen. Auch die Beziehungsqualität innerhalb des Teams leidet darunter. Geplanten, regelmäßigen Kontakt aufrechtzuerhalten ist deshalb enorm wichtig. Auch die Beziehungen und Vernetzungen innerhalb des Teams und zwischen der Mitarbeitenden sollten gefördert werden. So kann ein stetiger Informationsfluss entstehen, der zum Wissensaustausch beiträgt, Beziehungen pflegt, das gegenseitige Vertrauen aufrechterhält und das Wir-Gefühl stärkt. Zusätzlich zu Videokonferenzen sind verbale Kommunikationswege (z. B. Anrufe, Sprachnachrichten, Facetime) zum Aufbau und Erhalt von emotionalen Verbindungen ebenso wichtig.
Gemeinsame und geteilte Aufgaben festzulegen und nicht jeden Mitarbeitenden sich selbst zu überlassen, gibt zusätzlich das Gefühl, die räumliche Distanz besser überbrücken zu können. Ein wichtiger Faktor der sozialen Eingebundenheit ist der Kontakt zur Führungskraft. Führungspersonen sollten sich die Zeit nehmen, mindestens wöchentliche Meetings einzuplanen, idealerweise auch regelmäßig unter vier Augen mit einzelnen Mitarbeitenden, um die persönliche Beziehung zu stärken. Unterstützende, mitfühlende Führungskräfte scheinen vor allem in Krisenzeiten erfolgreicher und beliebter zu sein (Sergent & Stajkovis, 2020).
Förderung der individuellen Kompetenzen
Arbeit im Homeoffice bedarf anderer Kompetenzen als im Büro, was ein weiterer Grund ist, warum die Leistung und Gesundheit vieler Menschen bei der Telearbeit sinkt. Seien es Aufgaben, die selbstständig geplant und erledigt werden müssen, oder Ablenkungen, die zur Zeitverschwendung verleiten – Homeoffice braucht ein gewisses Maß an Disziplin und Selbstorganisation (Krause et al., 2015). Ein wichtiges Tool, das Unternehmen ihren Mitarbeitenden zur Verfügung stellen können, wären hierfür Schulungen und Webinare. Themen, die sich dazu anbieten, wären neben Selbst- und Zeitmanagement Bereiche wie Konfliktmanagement, digitale und mediale Kompetenzen oder Stressbewältigung. Mitarbeitende, die sich auch in der Telearbeit ausreichend unterstützt fühlen, zeigen weniger Rückfälle was Produktivität und Zielverfolgung angehen als Mitarbeitende, die sich weniger unterstützt fühlen (Chong et al., 2020). Führungskräfte, die für diese Themen offen sind und auch ihre Mitarbeitenden dafür sensibilisieren, haben daher einen klaren Vorteil gegenüber jenen, die weniger Hilfestellungen anbieten.
Was individuellen Bedürfnissen und Rhythmen ebenfalls entgegenkommt, sind anpassungsfähige Arbeitszeiten. Unternehmen sollten daher wo möglich flexible Einteilungen bezüglich Arbeitszeit- und Pausenregelungen anbieten. Auch Informationsveranstaltungen zu gesunder Pausengestaltung und zu generellem Gesundheitsverhalten können die psychische und physische Gesundheit der Mitarbeitenden wesentlich verbessern. Bieten Unternehmen ausreichend Unterstützung an, kann Homeoffice für viele auch Vorteile mit sich bringen. Man hat nicht nur mehr Entscheidungsfreiraum bei der Gestaltung von Arbeitsplatz- und -zeit, sondern der erhöhte Handlungsspielraum kann auch Motivation, Leistung und Arbeitszufriedenheit ankurbeln. Kombiniert mit ausreichend sozialer Interaktion, haben Isolationsgefühle als keine Chance mehr.
Fazit zur Isolation im Homeoffice
Wenn Sie das Gefühl haben, nicht ausreichend aufgabenspezifische oder soziale Unterstützung seitens des Unternehmens zu erleben, könnte ein Gespräch über mögliche Lösungen mit einer Führungskraft und dem Team helfen. Schulungen, Informationsveranstaltungen und regelmäßige Meetings stellen sicher, dass Mitarbeitende die Tools besitzen, die sie zur Überwindung von Überlastung und Isolation im Homeoffice brauchen. Vor allem in Zeiten der Krise und des Ausnahmezustands sind die Belastungen und seelischen Stressoren genauso individuell und vielfältig wie die Bewältigungsstrategien. Merken Sie als Führungskraft, dass Ihre Teammitglieder sich auseinanderleben, können professionelle Analysetools und Berater zusätzliche Hilfestellungen leisten.
In der Krise beweist sich der Charakter.
Von Helmut Schmidt, deutscher Politiker
Literatur:
Chong, S., Huang, Y., & Chang, C. H. D. (2020). Supporting interdependent telework employees: A moderated-mediation model linking daily COVID-19 task setbacks to next-day work withdrawal. Journal of Applied Psychology, 105(12), 1408-1422.
Krause, A., Baeriswyl, S., Berset, M., Deci, N., Dettmers, J., Dorsemagen, C., ... & Straub, L. (2015). Selbstgefährdung als Indikator für Mängel bei der Gestaltung mobil-flexibler Arbeit: Zur Entwicklung eines Erhebungsinstruments. Wirtschaftspsychologie, 17(1), 49-59.
Lengen, J. C., Kordsmeyer, A. C., Rohwer, E., Harth, V., & Mache, S. (2020). Soziale Isolation im Homeoffice im Kontext der COVID-19-Pandemie. Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie, 1-6.
Sergent, K., & Stajkovic, A. D. (2020). Women’s leadership is associated with fewer deaths during the COVID-19 crisis: Quantitative and qualitative analyses of United States governors. Journal of Applied Psychology.
Trougakos, J. P., Chawla, N., & McCarthy, J. M. (2020). Working in a pandemic: Exploring the impact of COVID-19 health anxiety on work, family, and health outcomes. Journal of Applied Psychology, 105(11), 1234-1245.
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