Konstruktiv Kritisieren: 4 Eigenschaften guter Kritik
An Kritik kommt man im Arbeitsleben nicht vorbei. Dabei kann die Haltung und die Wortwahl des Kritisierenden entweder eine Abwehrhaltung in uns hervorrufen oder aber das Finden eines gemeinsamen Lösungswegs ermöglichen. Fühlen wir uns persönlich angegriffen, ist oft Streit die Folge. Probleme und Negatives unter den Tisch zu kehren, ist aber auch keine Lösung. Konstruktive Kritik will deshalb auf Problembereiche aufmerksam machen, indem auf einer sachlichen Ebene und mit konkreten Lösungsmöglichkeiten argumentiert wird. Gute Vorbereitung ist dabei das A und O von konstruktivem Feedback. Werden einige wenige Regeln beachtet, schwächt Kritik nicht die Beziehung, sondern stärkt sie. Welche vier Eigenschaften konstruktives Kritisieren ausmachen und welche Fehler Sie vermeiden sollten, erfahren Sie in diesem Artikel.
Die Kunst des Kritisierens
Kritisiert wird immer da, wo anhand von subjektiven oder objektiven Kriterien etwas oder jemand beurteilt wird. Das englische Pendant „Feedback“ hört sich deutlich freundlicher an als das deutsche Wort „Kritik“, in beiden Begriffen sind aber sowohl positive als auch negative Bewertungen enthalten. Positive Kritik umfasst Lob, Anerkennung und Wertschätzung und steht negativer Kritik, die Verhalten ändern will, gegenüber. Zudem kann man zusätzlich zwischen konstruktiver und destruktiver Kritik unterscheiden. Letztere will dem Gegenüber schaden und ist nicht lösungsorientiert. Befürchtet beispielsweise ein Kollege, Sie würden statt ihm eine Gehaltserhöhung bekommen, könnte er Sie vorm gesamten Team bloßstellen und angreifen, um sich selbst in besserem Licht darzustellen. Diese Form der Kritik zielt meist darauf ab, Gefühle zu verletzen oder das eigene Ego zu stärken.
Konstruktive Kritik hingegen will Fehler und Missstände nicht nur aufdecken, sondern dabei gleichzeitig auch Lösungs- und Besserungsvorschläge anbieten. Die Haltung des Kritisierenden bleibt dabei immer wertschätzend und respektvoll. Konstruktive Kritik kann auch negativ sein, sollte aber stets auf Augenhöhe kommuniziert werden. Sie muss deshalb auch immer berechtigt und begründet sein und darauf abzielen, der kritisierten Person zu helfen, etwas besser zu machen. Das Gegenüber bemerkt bereits an der Körperhaltung, der Tonlage und der Sprachwahl die Absichten des anderen, weshalb eine respektvolle Haltung wichtig ist. Wie genau sieht konstruktives Feedback aus?
4 Eigenschaften guter Kritik
Klarheit
Das Problem sollte so spezifisch und klar wie möglich beschrieben werden. Dabei bleibt das Gespräch immer auf einer sachlichen Ebene und greift das Gegenüber nicht persönlich an. Verallgemeinerte Aussagen („Du unterbrichst ständig alle!“) rufen in uns eine Verteidigungshaltung hervor, in der wir nicht mehr offen für Feedback sind und die Situation oft in Streit ausartet. Je genauer die Situation, in der das problematische Verhalten auftrat, beschrieben wird, umso eher können Lösungen erarbeitet werden. Klar und sachlich kritisieren heißt aber nicht, die Emotionsebene völlig zu untergraben. Wurden durch das kritisierte Verhalten Gefühle verletzt, sollte dies auch angesprochen werden. Besonders gut dafür eignet sich gewaltfreie Kommunikation.
Lösungsorientiertheit
Durch bloßes Kritisieren ändert sich meist nicht viel. Das Gegenüber mag vielleicht die Kritik verstehen, wird das Verhalten aber langfristig nicht ändern, wenn kein alternativer Weg ersichtlich ist. Deshalb ist die Verknüpfung einer Kritik mit Lösungsvorschlägen so wichtig. Damit wird auch gezeigt, dass nicht das bloße Kritisieren das Ziel des Gesprächs ist, sondern eine Besserung der kritisierten Handlung. Kritik sollte immer auch wie eine Bitte klingen.
Ganzheit
Beim konstruktiven Kritisieren werden immer die Umstände einer Handlung berücksichtigt. Man neigt im Alltag schnell dazu, Persönlichkeitsmerkmale für Verhalten verantwortlich zu machen („Du bist zu spät gekommen, weil du ein unpünktlicher Mensch bist!“), obwohl Umstände, die außerhalb unserer Kontrolle liegen, oft ausschlaggebend sind („Ich bin zu spät, weil ich wegen eines Unfalls anhalten musste!“). Ist man sich dieses psychologischen Effekts bewusst, versucht man, erst die Umstände einer Situation zu erfahren, bevor man urteilt. Durch Fragen wie: „Ist das nachvollziehbar?“ können Sie zudem sicherstellen, dass das Gegenüber Zeit hat, zu reflektieren und eventuell nachzufragen oder Sachverhalte zu klären, die nicht eindeutig sind.
Direktheit
Kritik soll am besten immer in Ich-Botschaften verpackt sein. Fängt ein Satz an mit: „Jemand hat erzählt …“ oder „Deine Kollegen stimmen mir dabei zu, dass du …“ wird damit Widerspruch provoziert. Die kritisierte Person fühlt sich sofort in die Enge getrieben und verteidigt sich. Aussagen von Dritten sollten deshalb in konstruktiver Kritik nicht erwähnt werden. Hinzu kommt, dass Gerüchte meist nur die halbe Wahrheit abbilden und somit auch die Kritik unglaubwürdig ist. Klare, direkte Aussagen und Ich-Sätze („Ich fühle mich übergangen, wenn du …“) werden am besten aufgenommen.
Am richtigen Ort zur richtigen Zeit
Da wir nun wissen, wie konstruktive Kritik aussehen soll, müssen das Wann und das Wo noch richtig gewählt werden. Direkt nach einer Auseinandersetzung oder einem Vorfall sind die Emotionen noch zu nah an der Oberfläche und könnten die Sachlichkeit des Gesprächs untergraben. Zwischen Tür und Angel Feedback zu geben ist also keine gute Idee. Zu viel Zeit sollte jedoch auch nicht vergehen bis zur Äußerung der Kritik, da sonst Details ungenauer werden und aufgestaute Emotionen ebenfalls zu Ausbrüchen führen können. Auch der Ort des Gesprächs sollte mit Bedacht gewählt werden. Konstruktive Kritik sollte immer unter vier Augen geäußert werden, vorzugsweise an einem ruhigen, neutralen Ort.
Fazit zu konstruktivem Kritisieren
Mitarbeitende brauchen regelmäßiges und konstruktives Feedback, um an Herausforderungen wachsen zu können. Positive sowie negative Kritik sollten in einer wertschätzenden Weise formuliert werden, um eine gemeinsame Lösung finden zu können. Menschen merken, wenn das Gegenüber böswillige Absichten hat, verschließen sich sofort und nehmen eine Abwehrhaltung ein, was häufig zu Streitigkeiten führt. Dies kann durch eine gut etablierte Feedback- und Fehlerkultur in Unternehmen vermieden werden. Reagiert jemand auf konstruktive Kritik trotzdem mit Bockigkeit oder Ablehnung, könnte ein Mangel an wertschätzenden Rückmeldungen die Ursache sein. Konstruktives Kritisieren ist eine Übungssache, an der kontinuierlich gearbeitet werden sollte.
Es gibt nur einen Weg, Kritik zu vermeiden: Nichts sagen, nichts tun, nichts sein.
Von Aristoteles
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