
Konstruktive Konflikte: Streiten, aber richtig!
Die meisten von uns wissen intuitiv, dass ein ehrlicher und konstruktiver Dialog am Arbeitsplatz den Ergebnissen unseres Unternehmens zugutekommen kann. Doch nur wenige wissen, wie wir uns effektiv in diesen Raum begeben können, ohne uns konfrontiert und angegriffen zu fühlen. Damit sich andere ermutigt fühlen, das Wort zu ergreifen, müssen Führungskräfte Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten zeigen und konstruktive Konflikte aktiv angehen. Um dies zu erreichen, muss ein Umfeld geschaffen werden, das zwischenmenschliche Meinungsverschiedenheiten zulässt, bevor Sie erwarten können, dass Ihre Mitarbeitenden das Wort ergreifen. Streiten ist also erlaubt, muss aber richtig gemacht werden. Was ein konstruktiver Konflikt ist, wie man diese austrägt und wie Führungskräfte ihre Vorbildfunktion nutzen können, erfahren Sie bei zweikern.
Differenzierung von Konflikten
Ein Konflikt entsteht, wenn Menschen nicht einer Meinung sind oder unterschiedliche Ansichten zu einem Thema haben. Am Arbeitsplatz behindern destruktive Konflikte die Arbeitsleistung, weil Menschen sich weigern, miteinander zu sprechen, oder weil sie keine zivilisierten Gespräche führen. Destruktive Konflikte zwischen zwei Personen können die Moral einer ganzen Abteilung beeinträchtigen und so die Produktivität und Effizienz verringern. Bei konstruktiven Konflikten werden hingegen unterschiedliche Ideen und Weltanschauungen berücksichtigt, um das Unternehmen in Richtung seiner Ziele und seines Auftrags voranzubringen. Diese Art von Konflikten erhöht die Produktivität, anstatt sie zu behindern. Konflikte können dann als positiv angesehen werden, wenn sie zur Klärung von Fragen führen, wenn sie dazu führen, Menschen voneinander lernen zu lassen, oder wenn sie dabei helfen, dass Menschen neue Ideen in Betracht ziehen.
Vorbildfunktion nutzen
Als Führungskraft fragen Sie sich vielleicht, wie Sie ein Arbeitsumfeld schaffen können, das Ihre Mitarbeiter zu konstruktiven Konflikten ermutigt. Ein solches Umfeld entwickelt sich nicht immer organisch, daher sollten Sie sich der möglichen Fallstricke bewusst sein und diese vermeiden, indem die Konzentration darauf gerichtet wird, wie Sie selbst auftreten. Ethan Burris hat in einer Studie herausgefunden, dass Führungskräfte ihre Bemühungen, die Mitarbeitenden dazu zu motivieren, den Status quo in Frage zu stellen, untergraben können, indem sie als Vergeltungsmaßnahme schlechtere Leistungsbewertungen vergeben. Er fand auch heraus, dass Führungskräfte mit geringer Selbstwirksamkeit seltener um kritische Beiträge bitten, was zu einer geringeren Mitsprache der Mitarbeiter führt. Es muss deshalb ein Umfeld geschaffen werden, das die Risiko- und Kritikbereitschaft der Mitarbeitenden zulässt.
Beendigung destruktiver Konflikte
Destruktive Konflikte müssen sofort gestoppt werden, sobald sie erkannt oder gemeldet werden. Auf diese Weise wird verhindert, dass die Situation eskaliert, was die Moral und die Produktivität des Teams beeinträchtigen würde. Die Beendigung eines destruktiven Konflikts verhindert auch mögliche rechtliche Schritte und sie kann etwa mit einem aktuellen Mitarbeiterhandbuch, das an alle Mitarbeiter verteilt wird, umgesetzt werden. Das Handbuch sollte einen Abschnitt enthalten, in dem die Unternehmensrichtlinien zur Konfliktlösung und zur Meldung von belästigenden oder diskriminierenden Handlungen festgelegt sind. Darin sollte festgehalten werden, wie das Unternehmen in solchen Situationen vorgeht und welche disziplinarischen Maßnahmen daraus resultieren können. Schulen Sie Mitarbeitende in ihren Kommunikationsfähigkeiten und in den Unternehmensrichtlinien, kann verhindert werden, dass destruktive Konflikte eskalieren.
Wie kann ich konstruktive Konflikte initiieren?
Die Forschung hat gezeigt, dass wir umso flexibler und kreativer arbeiten, je wohler wir uns fühlen. Wir sind aus wichtigen Gründen mit Emotionen ausgestattet, denn sie versorgen uns mit bedeutenden Informationen, auch im Zusammenhang mit Konflikten am Arbeitsplatz. Leider wurde nur wenigen von uns beigebracht, wie wir unsere Emotionen als Mittel zur Konfliktbewältigung effektiv steuern und nutzen können. Wenn Sie über vergangene Situationen nachdenken, in denen Sie jemandem mit einem anderen Standpunkt gegenüberstanden, welche Emotion war für Sie am häufigsten präsent? Der optimale emotionale Raum für einen konstruktiven Konflikt ist das Erleben positiver, ruhigerer Emotionen.
Unsere Haltung ist ein weiterer Schlüssel zu einem konstruktiven Konfliktmanagement. Ein wichtiger Schritt dabei ist, mit positiven Absichten in Gespräche zu gehen und eine Win-Win-Mentalität zu wählen. Wir können Win-Win-Ergebnisse erzielen, wenn wir an ihre Möglichkeit glauben und uns entsprechend gut vorbereiten. Versuchen Sie im Vorfeld des konstruktiven Konfliktgesprächs, sich möglichst viele verschiedene Ergebnisse auszudenken, die sowohl Ihren Bedürfnissen und Interessen als auch denen der anderen Partei entsprechen. Dabei können Fragen helfen wie: "Was würde mir noch helfen, mich in dieser Angelegenheit besser zurechtzufinden?“
Die Vorteile konstruktiver Meinungsverschiedenheiten
Eine Meinungsverschiedenheit unter Kolleginnen und Kollegen kann durchaus hilfreich sein. Ein konstruktiver Konflikt am Arbeitsplatz ermöglicht es den Mitarbeitenden, sich frei zu fühlen. Eine Unternehmenskultur, die Debatten und Veränderungen zulässt, gibt den Arbeitnehmern die Sicherheit, ihre Meinung sagen und Ideen mitteilen zu können. Zudem tragen konstruktive Konflikte dazu bei, ihre Perspektive zu erweitern: In einem solchen Umfeld sind die Mitarbeiter eher in der Lage, über den Tellerrand hinauszuschauen und alternative Lösungen für Probleme zu finden. Sie arbeiten dadurch auch besser im Team. Die erfolgreiche Bewältigung von Konflikten stärkt die Bindungen zwischen den Mitarbeitenden und vertieft ihre Beziehungen, so dass sie besser als Einheit arbeiten können.
Fazit zu Konstruktiven Konflikten
Wo Menschen zusammenarbeiten, gibt es oft Konflikte. Menschen sind aus den unterschiedlichsten Gründen nicht einer Meinung, seien es unterschiedliche Werte, Ansichten oder Wissensstände. Viele Führungskräfte versuchen, Konflikte am Arbeitsplatz zu minimieren, um eine positive Unternehmenskultur mit hoher Team-Moral zu fördern. Obwohl Konflikte in der Regel als negativ angesehen werden, sollten Führungskräfte bedenken, dass es auch positive Aspekte von Konflikten gibt, die das Arbeitsumfeld und die Produktivität verbessern. Als Teamleiter sollten Sie versuchen, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich andere wohlfühlen, um gemeinsam über eine Reihe von Ideen nachzudenken, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen. Das ist ein wichtiger Teil des Konfliktmanagements.
Das Ziel eines Konflitke oder einer Auseinandersetzung soll nicht der Sieg, sondern der Fortschritt sein.
Von Joseph Joubert (1754 – 1824), französicher Moralist und Essayist
Literatur:
Burris, E. R. (2012). The risks and rewards of speaking up: Managerial responses to employee voice. Academy of management journal, 55(4), 851-875.
Van de Vliert, E., Nauta, A., Giebels, E., & Janssen, O. (1999). Constructive conflict at work. Journal of Organizational Behavior: The International Journal of Industrial, Occupational and Organizational Psychology and Behavior, 20(4), 475-491.
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