Leadership: Kann man gute Führung lernen?
Zu einer guten Führungskraft wird man geboren? Stimmt nicht. Erfolgreiche Führung ist im Großen und Ganzen erlernbar, wenn man bereit ist, konstruktives Feedback zuzulassen und an seinen Führungsqualitäten zu arbeiten. Gutes Leadership resultiert immer aus der wechselseitigen Beziehung zwischen Mitarbeiter und Führungskraft, weshalb ein alleiniges Lospreschen als Führungskraft selten von Erfolg gekrönt ist. Wie sich die eigenen Führungseigenschaften trainieren und optimieren lassen, lesen Sie in diesem zweikern Artikel.
Die Eigenschaften guter Leader
Führungskompetenz bedeutet in unterschiedlichen Arbeitsbereichen etwas anderes. Es gibt Abteilungen, in denen besonders viel Charisma und Ausstrahlung vonnöten sind, um eine Gruppe zu motivieren und sie mitzureißen. In anderen Abteilungen soll eine Führungskraft proaktiv führen und eine Vorbildfunktion einnehmen. In wiederum anderen Abteilungen erntet man das Commitment der Mitarbeiter durch ständige Präsenz, viel Feedback und Motivation. Meistens wünschen sich die Mitarbeiter, dass man alle Eigenschaften in sich vereint und in der einen Situation Managereigenschaften annimmt, die Entscheidungsfähigkeit und Durchsetzungsvermögen signalisieren, in der anderen Situation allerdings mitfühlend ist und die Mitarbeiter lobt. Dass dies eine unrealistische Vorstellung ist, ist vor allem den Mitarbeitern nicht bewusst.
Gute Führung
Es gibt allerdings Eigenschaften, die allen guten Führungskräften gemeinsam ist und sich sowohl im zwischenmenschlichen Kontakt als auch im Management als hilfreich erweisen.
Herausragende Führungskräfte haben eine sehr gute Selbsteinschätzung und wissen um ihre Stärken und Schwächen. Sie kommunizieren sie auch nach außen, um sie greifbar für ihre Kollegen und Mitarbeiter zu machen. Für unterstellte Mitarbeiter ist es dann leichter, die Führungskraft einzuschätzen und ihr Verhalten zu prognostizieren.
Des Weiteren ist gute Kritikfähigkeit ein Merkmal, das alle Führungskräfte vereint. Nur durch eine offene Haltung gegenüber Kritik ist die Führungskraft in der Lage, an sich selbst und ihrem „Leadership“ zu arbeiten und ihre Führung zu optimieren. Auch Mitarbeiter sprechen öfter Missstände und Probleme innerhalb des Arbeitsprozesses bzw. zwischenmenschlicher Natur an, wenn sie einer kritikfähigen Führungskraft unterstellt sind.
Weitere Eigenschaften, die gute Führung ausmachen, sind Fairness und emotionale Kontrolle. Es gibt nichts Schlimmeres für einen Mitarbeiter wenn er in ständiger Hab-Acht-Stellung im Büro sitzt und nur darauf wartet, bis der Chef einen cholerischen Anfall bekommt. Andererseits ist eine faire Behandlung ALLER Mitarbeiter vonnöten, um sich den Mitarbeitern wertschätzend gegenüber zu zeigen. Mitarbeiter fühlen sich erst dann ernst genommen, wenn ihre Meinung gehört, respektiert und in die Entscheidungsfindung miteinbezogen wird. Allerdings trifft die Führungskraft letzten Endes die endgültige Entscheidung über einen bestimmten Sachverhalt und sollte dies bestimmt und selbstbewusst deklarieren. Ein gewisses Maß an Durchsetzungsvermögen ist also ebenfalls wünschenswert.
Zu guter Letzt schätze ich die Eigenschaft einer Führungskraft, menschlich greifbar und authentisch zu sein als äußerst wertvoll ein, obwohl diese Eigenschaft in Ratgebern kaum Erwähnung findet.
Damit meine ich, dass sich die Führungskraft als nahbar erweisen sollte, indem sie beispielsweise in passenden Situationen von sich erzählt oder Humor beweist. Mitarbeitergespräche werden dadurch wesentlich unverkrampfter. Das Resultat aus einem solchen Verhalten ist eine entspannte Arbeitsatmosphäre, die Feindseligkeiten aus dem Weg räumt und das Commitment der Mitarbeiter fördern kann.
Für Unternehmen ist es sinnvoll, ein Modell der erwünschten Führungseigenschaften zu entwickeln, um die Passung von Mitarbeitenden daraufhin zu prüfen, bevor sie in Führungspositionen gehoben werden. Dazu möchte ich auf einen anderen zweikern Artikel verweisen.
Was ist, wenn ich diese Eigenschaften (noch) nicht mitbringe?
Gute Führung zeigt sich vor allem in der individuellen Ausprägung des eigenen Führungsverhaltens und nicht darin, beispielhafte Führungskräfte kopieren zu wollen. Führungskompetenz erlernt man erst, wenn man einer Führungsposition innewohnt. Meist wird sie in Unternehmen nach einer langjährigen Beschäftigung im Unternehmen und nach Expertise vergeben und nicht nach den eigentlichen Führungskompetenzen. Ob das immer so sinnvoll ist, sei mal dahingestellt. Die neu eigesetzte Führungskraft ist dann in der misslichen Lage, jahrelang als Mitarbeiter selbst einer Führungskraft unterstellt gewesen zu sein, und nun aus dieser Position heraus, Führungseigenschaften zu entwickeln, die mehr mit der Delegation statt mit der Ausführung der Tätigkeiten zu tun haben.
Machen wir uns nichts vor: Nur wenige Menschen sind von Natur aus gute Führungskräfte. Meist perfektionieren Menschen ihr „Leadership“ nach vielen Jahren des Trial-and-Error-Vorgehens während ihrer Tätigkeit als Führungskraft. In den zahlreichen Workshops und Führungskräfteentwicklungsseminaren gibt es zwar theoretischen Input von der Stange, aber meist wenig konkrete Handlungsanweisungen. Klar, dass sich daraus eher eine reaktive Verhaltensweise statt ein proaktiver Führungsstil entwickelt.
Ziel sollte es hingegen sein, allen Führungskräften einen Werkzeugkoffer an die Hand zu geben, um sich im Sinne des Unternehmens und vor allem im Sinne der Mitarbeiter entwickeln zu können. Dabei ist das Wissen darum, wie die Abteilung strukturell aussieht, welche Bedürfnisse die Mitarbeiter hinsichtlich Führungsstil haben und welche Aufgaben die Abteilung erfüllen muss, von besonderer Wichtigkeit. Auch wie die Mitarbeiter die Abteilung zusammensetzen, kann Aufschluss darüber geben, wie ein optimaler Führungsstil auszusehen hat.
Beispielsweise sind die so genannten Millennials (d.h. Mitarbeiter, die zwischen 1980 und Ende 1990 geboren wurden), sehr viel mehr darauf bedacht, einen gewissen Handlungsspielraum in ihrer Entscheidungsfähigkeit zu bekommen. Bei dieser Gruppe von Mitarbeitern kann die Führungskraft weiter in den Hintergrund treten, delegieren, anleiten und motivieren. Bei älteren Mitarbeitern ist der Wunsch nach „Self-Leadership“ oftmals weniger gegeben.
Die Basis der Veränderung
Wie man sieht, ist ein gewisser Führungsstil in der einen Abteilung äußerst funktional und führt zu Mitarbeiterzufriedenheit, in einer anderen Abteilung führt er wiederum dazu, dass die Führungskraft auf Widerstand und Unzufriedenheit stößt. Gute Führung ist also stets ein Wechselspiel zwischen Mitarbeitern und Führungskraft und sollte darauf basieren, sich auf Augenhöhe auszutauschen.
Die Möglichkeit, aus den eigenen Fehlern im Führungsverhalten zu lernen, ergibt sich erst dann, wenn man regelmäßig den Status quo der eigenen Führungskompetenz erhebt. Hoch frequentierte und anonymisierte Analysen ermöglichen ein ungetrübtes Bild der eigenen Qualitäten und schaffen die Basis, an den eigenen Fertigkeiten zu arbeiten. Statt überteuerte Führungskräftecoachings, die ohne einen Blick auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter zu legen, davon ausgehen, die Führungskraft „optimieren“ zu können, bedarf es einer individuellen Supervision und einem konstruktiven Feedback seitens der Mitarbeiter. Einen guten und nachhaltigen Führungsstil zu entwickeln, ist nicht leicht und braucht meist mehrere Jahre. Bevor Sie jedoch ungebremst gegen eine Wand fahren, sollten Sie sich in regelmäßigen Abständen versichern, dass Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern den richtigen Weg eingeschlagen haben.
Gute Führung kann man also lernen! Wenn man dazu bereit ist, an sich selbst zu arbeiten und sich für die Resonanz seiner Mitarbeiter zu öffnen.
Eine Führungskraft ist immer nur so gut wie
das Team, das hinter ihr steht.
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