PERMA: Höchstleistung durch Wohlbefinden
Von 2004 bis 2015 ist die Zahl der Krankheitstage aufgrund von psychischen Erkrankungen um über 70 Prozent angestiegen (Meyer & Meschede, 2016). Diese Zahlen sind alarmierend und doch scheint psychische Gesundheit in den meisten Organisationen noch ein Tabuthema zu sein. Wenn der Umgang mit psychischen Belastungen thematisiert wird, liegt der Fokus oft auf einer Verbesserung der Symptome und dem Stärken der persönlichen Coping-Strategien. Was dabei meist völlig außer Acht gelassen wird, sind Maßnahmen, die der Arbeitgeber umsetzen kann, um das Wohlbefinden und die Ressourcen von Mitarbeitenden zu steigern. Ein klassisches Konzept von Wohlbefinden beschreibt das PERMA-Modell. Werden dessen fünf Aspekte im Arbeitsalltag berücksichtigt, können Unternehmen und Mitarbeitende Höchstleistungen erbringen und psychischen Erkrankungen vorbeugen.
Das PERMA-Modell
PERMA ist ein Kurzwort, welches für Positive Emotions, Engagement, Relationships, Meaning und Achievement steht. Entwickelt wurde dieses Modell vom Psychologen und Begründer der Positiven Psychologie Martin Seligman. Der Fokus liegt dabei ganz klar auf den persönlichen Stärken von Menschen und der Förderung dieser, anstatt wie üblich die bloße Reduzierung von Schwächen in den Vordergrund zu stellen. Werden alle fünf Aspekte des Modells gestärkt, finden Menschen laut Seligman Glück, Wohlbefinden und die Fähigkeit aufzublühen. Wie genau das funktionieren soll, beschreibt Seligman in mehreren Büchern und Fachartikeln, darunter „Wie wir aufblühen: Die fünf Säulen des persönlichen Wohlbefindens“ (sehr empfehlenswert!). Auch im Arbeitskontext kann die Erfüllung der fünf Bedürfnisse erheblich zur Zufriedenheit der Mitarbeitenden beitragen.
5 Säulen des Wohlbefindens
1. Positive Emotionen
Im Sinne der Positiven Psychologie ist die bloße Vermeidung von negativen Emotionen nicht ausreichend, um ein erfülltes Leben zu leben. Im ersten Schritt sollen deshalb positive Emotionen gezielt verstärkt werden. Das kann am Arbeitsplatz umgesetzt werden, indem beispielsweise unnötige Stressoren vermieden werden, also Deadlines möglichst früh bekanntgegeben werden und Führungskräfte Aufgaben delegieren können. Zudem können in Unternehmen angebotene Schulungen und Coachings helfen, Strategien und Ressourcen zum Stressmanagement aufzubauen. Auch Achtsamkeitstrainings und Teambildungsworkshops helfen, den Umgang mit den eigenen Emotionen verstehen zu lernen. Werden Vergnügen und Genuss alltägliche Gefühle im Arbeitsalltag, kann allein dies schon präventiv gegen psychische Erkrankungen wirken.
2. Engagement
Die zweite Säule des Wohlbefindens, Engagement, umfasst Tätigkeiten, in die wir uns vertiefen können. Diese Aktivitäten sehen für jeden Menschen anders aus. Für manche führt die Arbeit selbst schon zu einem Empfinden von Flow, andere wiederum brauchen dazu körperliche Anstrengung oder künstlerische Entfaltung. Flow beschreibt ein Gefühl, dass viele von uns kennen, aber das sich schlecht in Worte fassen lässt. Es ist eine Art „Tätigkeitsrausch“, also ein Zustand völliger mentaler Vertiefung, dem Glücksempfinden folgt. Eine Möglichkeit, diesen Zustand in Organisationen herbeizuführen, kann die individuelle Anpassung von Tätigkeitsbereichen nach Interessen sein. Ebenso können Freizeitangebote wie z. B. Fitnesscenter und Basketball-Plätze bei Google Mitarbeitenden helfen, ihre Kreativität und den Schaffenssinn anzukurbeln.
3. Beziehungen
Menschen sind soziale Wesen und empfinden typischerweise höheres Wohlbefinden und Glück, wenn sie sich sozial integriert und unterstützt fühlen. Dies bestätigen auch Studien (Qureshi et al., 2015), die einen Zusammenhang zwischen Mobbing am Arbeitsplatz mit Stress und negativem Verhalten fanden. Deshalb sind Gemeinschaftsgefühle sowohl in einzelnen Teams und Abteilungen als auch über die gesamte Organisation hinweg wichtig. Hier können ebenfalls Trainings helfen, die Teamfähigkeit zu unterstützen. Abteilungsübergreifende Projekte können das Kennenlernen von anderen Mitarbeitenden erleichtern und das Angebot von gemeinsamen Treffen kann ebenfalls das Gefühl der Eingebundenheit stärken.
4. Bedeutung
Sinnhaftigkeit und Bedeutung in den eigenen Tätigkeiten zu finden, kann das persönliche Glücksempfinden ungemein steigern. Ebenso wie Engagement ist auch Sinn individuell verschieden und kann vielfältige Ursachen haben. Finden Menschen beispielsweise einen Sinn darin, Kinder großzuziehen und ihnen ein komfortables Leben zu ermöglichen, werden sie in Tätigkeiten Sinn sehen, die dieses Ziel anstreben. Bieten Unternehmen familienfreundliche Regelungen bezüglich Vaterschaftsurlaub usw. an, könnte dies das Sinnempfinden von Mitarbeitenden demnach stärken. Andere setzen sich vielleicht für Wohltätigkeitszwecke ein oder sehen ihren Sinn darin, Mentor für weniger erfahrene Mitarbeitende zu sein. Gehen Unternehmen individuell auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden ein, kann Bedeutung und Sinn auch am Arbeitsplatz gefunden werden. Das Unternehmen Walt Disney beispielsweise wählt regelmäßig Waisenhäuser oder Schulen aus, die Geldspenden erhalten. Freiwillige Mitarbeitende beschenken zudem Kinder mit Mickey-Mouse-Puppen.
5. Leistungen
Die meisten von uns streben nach Anerkennung und wollen stolz sein auf unsere Leistungen. Zeigen Unternehmen keinerlei Anerkennung für erzielte Erfolge, neue Innovationen oder herausragende Leistungen von Mitarbeitenden, schießen sie sich dadurch oft ins eigene Knie. Denn sehen Mitarbeitende keinen Grund, gute Leistungen zu erbringen, weil sie dafür sowieso keine Anerkennung erwarten können, leidet die Organisation und deren Agilität darunter. Werden also Erfolge gebührend zelebriert und Arbeitnehmende für gut gemachte Arbeit belohnt, steigt nicht nur das Glücksempfinden und die Motivation der Mitarbeitenden, sondern auch der Erfolg des Unternehmens.
Fazit zu PERMA
Persönliches Wohlbefinden ist für unser Lebensglück sehr wichtig. Wir verbringen einen wesentlichen Teil unseres Lebens am Arbeitsplatz, weshalb dieser unser Wohlbefinden im besten Fall verstärken, es auf keinen Fall aber vermindern sollte. Decken Unternehmen alle fünf Säulen des Wohlbefindens ab und gehen sie individuell auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden ein, steht der Höchstleistung jedes einzelnen nichts mehr im Wege.
Was hilft Ihnen persönlich, Ihr Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu steigern? Was könnten Unternehmen leisten, um dieses noch zu erhöhen? Ich freue mich auf Kommentare und Feedback!
Wer nicht jeden Tag etwas für seine Gesundheit aufbringt, muss eines Tages sehr viel Zeit für die Krankheit opfern.
Von Sebastian Kneipp, Naturheilkundler und Priester
Literatur:
Meyer, M., & Meschede, M. (2016). Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2015. Fehlzeiten-Report, 251-306. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg.
Seligman, M. E. (2015). Wie wir aufblühen: Die fünf Säulen des persönlichen Wohlbefindens. Goldmann Verlag.
Qureshi, M. I., Iftikhar, M., Janjua, S. Y., Zaman, K., Raja, U. M., & Javed, Y. (2015). Empirical investigation of mobbing, stress and employees’ behavior at work place: quantitatively refining a qualitative model. Quality & Quantity, 49(1), 93-113.
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