Qual der Wahl: 3 Schritte zur richtigen Entscheidung
Menschen treffen täglich hunderte von Entscheidungen. Viele davon werden getroffen, ohne dass wir bewusst darüber nachdenken müssen. Das fängt schon beim Frühstück an oder bei der Wahl der Kleidung für den Tag. Vor allem bei größeren Entscheidungen kommt oft Angst auf, die falsche Wahl zu treffen. Warum fällt es uns oft so schwer, mit der gewählten Option vollends glücklich zu sein? Dahinter stecken komplexe Prozesse, mit denen sich die Entscheidungspsychologie befasst. Wie Sie mit der Qual der Wahl am besten umgehen und in drei Schritten die richtigen Entscheidungen treffen, lesen Sie in diesem Artikel.
Angst, Unsicherheit und andere Blockaden
Jedes Mal, wenn wir eine Entscheidung treffen, schließen wir damit zahlreiche andere Optionen aus. Ist die Entscheidung dann getroffen, setzt bei vielen Menschen sofort Verlustangst ein. Denn was ist, wenn eine andere Entscheidung besser gewesen wäre? Die Garantie, dass eine Alternative besser ist als die anderen, bekommen wir natürlich nie. Trotzdem gibt es Faktoren, die wir beeinflussen können, um möglichst gute Entscheidungen zu treffen. Das Gebiet der Psychologie, das sich mit diesem Themenfeld beschäftigt, ist die Entscheidungspsychologie. Die Forschung zeigt dabei, dass Menschen Entscheidungen nicht alleinig auf Basis von rationalen Kosten-Nutzen-Rechnungen treffen, sondern zahlreiche andere psychologische Mechanismen greifen.
Viele Entscheidungen werden komplett unbewusst getroffen. Dafür gibt es auch einen Grund: Müssten wir über jede Entscheidung bewusst nachdenken, wären die Kapazitäten unseres Gehirns vollkommen überlastet. Dabei entscheidende Faktoren können beispielsweise Gewohnheiten oder erlernte Daumenregeln sein. Automatische Entscheidungen sind deshalb jedoch nicht schlechter. So verglich eine Studie (Beilock et al., 2002) zwei Gruppen von Golfspielern. Die erste Gruppe konzentrierte sich nebenbei noch auf eine andere Aufgabe, während sich die zweite Gruppe nur auf den Golfschlag konzentrieren sollte. Die Ergebnisse zeigten, dass die abgelenkte Gruppe bedeutend besser spielte und unbewusste Entscheidungen hier zum besseren Ergebnis führten.
Intuition und Verstand
Natürlich lassen sich aber große, langfristige Entscheidungen wie Karrierewahlen, Ausbildungswege oder das Annehmen oder Ablehnen einer Stelle nicht nur nach Bauchgefühl treffen. Vor allem langfristig wichtige Entscheidungen lassen uns oft ins Grübeln und Zweifeln geraten. Denn die langfristigen Folgen der Handlungsoptionen sind oft nicht vorhersehbar und wirken irreversibel. Zusätzliche Faktoren, die wichtige Entscheidungen schwierig machen, sind etwa unbewusste Glaubenssätze, Moralvorstellungen oder gesellschaftliche Erwartungshaltungen. Hinzu kommt, dass oft auch andere Menschen von Entscheidungen betroffen sind, meist die/der Partner*in oder die Familie. Oft akzeptiert man schließlich eine zufriedenstellende Lösung, anstatt nach der besten zu suchen („Satisficing [Satisfying + Suffice] Behaviour“). Erst wenn die aktuelle Situation unerträglich wird, werden neue Wege in Betracht gezogen.
3 Tipps für richtige Entscheidungen
Um dieses Dilemma zu vermeiden und Entscheidungen zu treffen, mit denen man auch in einem Tag, einem Monat oder einem Jahr noch zufrieden ist, lassen sich verschiedene Tipps und Tricks anwenden. So können zum Beispiel die Stimmung, Umgebung oder die körperliche Verfassung erheblichen Einfluss auf die Fähigkeit haben, Handlungsalternativen optimal abwägen zu können.
Tipp 1: Launen vermeiden
Menschen neigen dazu, Dinge anders zu bewerten, je nach Stimmung, in der sie sich gerade befinden. Das liegt hauptsächlich daran, dass Emotionen als Wahrnehmungsfilter wirken können und man so beispielsweise den Fokus auf die positiven Aspekte einer Stellenbeschreibung legt, wenn man gut gelaunt ist, in schlechter Stimmung das Augenmerk jedoch eher auf den negativen Punkten liegt. Schlechte Laune kann dadurch auch zu schlechten Entscheidungen beitragen (Byrnes et al., 1999). So ernähren sich glückliche Menschen oft gesünder als unglückliche (Martyn-Nemeth et al., 2009). Um den Einfluss negativer Emotionen und Stress auf Entscheidungen zu reduzieren, sollten schlechte Stimmungen deshalb beim Abwägen von Handlungsoptionen vermieden werden.
Tipp 2: Fehltritte verzeihen
Jeder Mensch macht Fehler. Wichtig dabei ist, sich diese Fehler zu verzeihen und aus ihnen lernen zu können. Entpuppt sich eine Entscheidung im Nachhinein als die falsche Wahl, kann man sich darüber grün und blau ärgern und in Selbstmitleid versinken. Man kann den Fehltritt aber auch akzeptieren und analysieren, was man vielleicht besser hätte machen können. Hat man sich von anderen Meinungen beeinflussen lassen? Hat man rein aus Angst vor Neuem die vertraute Option gewählt? Der Botenstoff Dopamin belohnt uns dafür, vertraute Dinge zu tun und in unserer Komfortzone zu bleiben. Man kann sich jedoch bewusst dafür entscheiden, neue Wege zu gehen. Werden wir uns der Faktoren bewusst, die unser Bauchgefühl und unseren Verstand beeinflussen, können wir mit diesem Wissen in Zukunft bessere Entscheidungen treffen.
Tipp 3: Darüber schlafen
Über Entscheidungen eine Nacht zu schlafen ist wissenschaftlich gesehen tatsächlich sinnvoll. Denn wo der bewusste Verstand nur über einen Bruchteil der im Gedächtnis gespeicherten Informationen verfügt, kann das Unterbewusstsein auf die gesamte Bandbreite des Erlebten und Erlernten zugreifen. Dazu sollten tagsüber bereits alle wichtigen Informationen der Optionen gesammelt werden, um über Nacht die umfassende Verarbeitung dieser zu ermöglichen. Hinzu kommt, dass Erschöpfung den Verstand und die Sichtweisen einengen kann. Wacht man nach einer erholsamen Nacht mit ausreichend Schlaf auf, scheint die richtige Entscheidung oft klar zu sein.
Fazit zur Qual der Wahl
Wie wir Handlungsoptionen bewerten und Entscheidungen treffen, hängt von vielen inneren und äußeren Faktoren ab. Wird man sich dieser Vorgänge und der persönlichen Denkmuster bewusst, ist man dazu imstande, differenzierte und intuitive Entscheidungen zu treffen.
Die einzige Konstante im Leben ist die Veränderung.
Von Heraklit, vorsokratischer Philosoph
Literatur:
Beilock, S. L., Carr, T. H., MacMahon, C., & Starkes, J. L. (2002). When paying attention becomes counterproductive: impact of divided versus skill-focused attention on novice and experienced performance of sensorimotor skills. Journal of Experimental Psychology: Applied, 8(1), 6.
Byrnes, J. P., Miller, D. C., & Reynolds, M. (1999). Learning to make good decisions: A self‐regulation perspective. Child Development, 70(5), 1121-1140.
Martyn‐Nemeth, P., Penckofer, S., Gulanick, M., Velsor‐Friedrich, B., & Bryant, F. B. (2009). The relationships among self‐esteem, stress, coping, eating behavior, and depressive mood in adolescents. Research in nursing & health, 32(1), 96-109.
Simon, H. A. (1959). Theories of decision-making in economics and behavioral science. The American economic review, 49(3), 253-283.
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Kommentar von Paul R |
Hallo zweikern!
Mal wieder ein interessanter Artikel! Besonders gut gefällt mir, dass du immer auch Beispiele aus der Wissenschaft erklärst. Das fehlt mir in anderen Blogs doch eher bzw. krieg ich dort dann häufig Pseudowissenschaft zu lesen.
Könntest du nochmal beschreiben was mit („Satisficing [Satisfying + Suffice] Behaviour“) gemeint ist? Das wüsste ich dann doch noch gern;)
Mit freundlichen Grüßen Paul
Antwort von Selina Kern
Hallo Paul,
Vielen Dank für dein positives Feedback, das freut mich!
Satisficing Behavior ist das Phänomen, wenn die erstbeste Entscheidung gewählt wird, die den Zweck erfüllt. Damit erreicht man zwar schnell eine Option, die den Ansprüchen Genüge tut, schließt dabei aber auch andere Optionen aus, die vielleicht noch besser gewesen wären. Ich hoffe, so ist es verständlich geworden.
LG
Selina