Reverse Mentoring: Was Senior von Junior lernen kann
Nachdem vor einiger Zeit die Methode des Mentoring im Blog vorgestellt wurde, dreht sich heute alles um eine Abwandlung des klassischen Mentoring: das Reverse Mentoring. Dabei werden die Rollen vertauscht, der erfahrenere Mitarbeitende lernt also vom weniger erfahrenen. Meist werden Themen behandelt, von denen die jüngere Generation mehr Ahnung hat wie beispielsweise soziale Medien oder Digitalisierung. Die Voraussetzungen für erfolgreiches Reverse Mentoring sind die gleichen wie beim traditionellen Mentoring: Sympathie, Offenheit, Ehrlichkeit. Hinzu kommt noch die Schwierigkeit verschiedener Hierarchiestufen und eventuelle Hemmungen, Hilfe von jüngeren Mitarbeitenden anzunehmen. Werden diese Hürden bedacht, kann Reverse Mentoring Lücken zwischen Generationen schließen. Was Senior von Junior lernen kann, lesen Sie im Folgenden.
Ein Konzept der Zukunft
Offiziell umgesetzt wurde das Konzept des Reverse Mentoring erstmals in den 1990er Jahren vom Unternehmen General Electric. Ziel dabei war es, die Mitarbeitenden auf den aktuellen Stand der Dinge zu bringen, was Internet anging. Um die digitale Fitness eines Unternehmens zu erhöhen, ist ein interner Wissensaustausch förderlich, da so jeder Mitarbeitende vom Wissen der anderen profitieren kann. Als Digital Natives (mit digitalen Medien aufgewachsenen, ab 1980 geborenen Menschen) fällt es den jüngeren Generationen meist leichter, sich in der digitalen Welt zurechtzufinden. Warum sollten sie dieses Wissen nicht mit älteren Generationen teilen? Wie Sie sich wahrscheinlich schon gedacht haben, müssen einige Grundvoraussetzungen erfüllt sein, damit aus dem Mentoring kein Machtkampf wird. Einige der Erfolgsfaktoren überschneiden sich mit denen des „normalen“ Mentoring, es kommen aber auch besondere Herausforderungen hinzu.
Manche erfahrenen Führungskräfte sind zu stolz, um sich von der Jugend anleiten zu lassen und meinen, auf deren Unterstützung nicht angewiesen zu sein. Diese Kandidaten wären für Reverse Mentoring eher ungeeignet, da Offenheit und Respekt von beiden Seiten unabdingbar sind. Um generationale Lücken zu schließen und Inklusion zu fördern, ist der Wissensaustausch über verschiedene Hierarchieebenen und Altersstufen hinweg wichtig. Die Arbeitsabläufe in vielen Unternehmen sind heutzutage wahrscheinlich ganz anders als sie noch vor wenigen Jahrzehnten waren. Technischer und digitaler Fortschritt sowie neue Methoden der Führung und Kommunikation sorgen für immer schnelleren Wandel. Methoden wie Reverse Mentoring können helfen, Wissenslücken zu füllen und neue Perspektiven und Denkansätze mit den althergebrachten Arbeitsweisen zu verbinden.
Vertrauen als Lernbasis
Wie auch beim traditionellen Mentoring ist ein optimales Pairing von Mentoren und Mentees wichtig. Dabei sollten die beiden Beteiligten abteilungs- und hierarchieübergreifend zusammengesetzt sein, um Konkurrenzdenken zu verhindern. Die beiden sollten sich sympathisch sein und einander vertrauen können. Da das Mentoring einen vertrauten Rahmen bildet, indem offen gesprochen werden kann, sind Ehrlichkeit und gegenseitige Wertschätzung wichtige Grundvoraussetzungen. Die Themen und Schwerpunkte der Gespräche legen Mentoren und Mentees oft gemeinsam fest, ebenso wie die Frequenz der Treffen und die Dauer der Vereinbarung. Diese Rahmenbedingungen können aber auch vom Unternehmen vorgegeben werden.
Es wird auch für sehr erfahrene Menschen zunehmend schwieriger, mit den immer schneller wachsenden und sich wandelnden Forschungen und Kenntnissen auf dem aktuellen Wissensstand zu bleiben. Deshalb sind Digitalisierung und neue technische Entwicklungen ein beliebtes Thema beim Reverse Mentoring. Es werden zwar bereits häufig Schulungen zur Erweiterung der digitalen Fähigkeiten von Mitarbeitenden angeboten, diese sind jedoch nicht so sehr auf das Individuum zugeschnitten wie das Mentoring. Für uns Digital Natives sind soziale Medien eine Selbstverständlichkeit, weil wir mit diesen aufgewachsen sind. Für ältere Mitarbeitende ist die digitale Welt jedoch oft komplex und weit weniger intuitiv. Um diese Vorgänge verstehen und anwenden zu lernen, bedarf es häufig mehr als ein paar Stunden Schulung. Zudem entsteht beim Reverse Mentoring eine vertraute Beziehung zwischen Mentoren und Mentees, in der auf einer persönlicheren Ebene gelernt werden kann.
Erfolgreiche Umsetzung
Mentoring kann auf natürliche Art und Weise entstehen, es kann aber auch offiziell von Unternehmensseite angeboten und organisiert werden. Wenn Sie in Ihrem Unternehmen ein Reverse Mentoring Programm umsetzen wollen, ist es im ersten Schritt wichtig, das grundlegende Thema oder Ziel des Programms festzulegen, beispielsweise die Besserung der digitalen Fitness. Zusätzlich kann der Erfolg messbar gemacht werden, etwa durch Umfragen oder Erhebungen. Den Erfolg eines Mentoring-Programms zu kontrollieren, kann etwas schwierig sein, weshalb vorher festgelegt werden sollte, ob und wie dieser gemessen wird. Danach sollten die Mentoren und Mentees ausgewählt werden. Überlegenswert ist dabei, wie der Bewerbungsprozess aussehen soll und wie viele Stellen angeboten werden. Ebenso kann die Dauer des Mentoring von der Organisation festgelegt werden sowie ob und wie Fortschritt gemessen wird.
Die Zuteilung von Mentoren zu ihren jeweiligen Mentees kann auf mehrere Weisen erfolgen. Wird die Zuteilung manuell von jemandem innerhalb des Unternehmens gemacht, könnten unbewusste Vorurteile die Wahl beeinflussen. Meist werden Faktoren wie Persönlichkeitsmerkmale, zu verbessernde Bereiche des Mentees und Expertise der Mentoren beachtet. Eine weitere Möglichkeit wäre, eine Software zu verwenden. Wurde das Mentoring-Programm gestartet, sollten Mentees und Mentoren auch benötigte Ressourcen zur Verfügung gestellt bekommen. So könnten etwa Schulungen zum Thema Empathie, konstruktivem Kritisieren, gewaltfreier Kommunikation etc. angeboten werden, die den produktiven Austausch unterstützen.
Fazit zu Reverse Mentoring
Die freundschaftlichen Verhältnisse, die sich beim Mentoring entwickeln, stärken auch das Teamwork und die generationsübergreifende Zusammenarbeit. Für die Unternehmenskultur bedeutet dies einen offenen Umgang mit verschiedenen Erfahrungen und Kompetenzen. Die Mentees erfahren im Reverse Coaching neue Fertigkeiten und erweitern ihre Fähigkeiten, und die Mentoren erleben ein gestärktes Selbstbewusstsein. Insgesamt ist diese Methode eine immer beliebter werdende, Erfolg versprechende Maßnahme der Personalentwicklung, von der jedes Unternehmen profitieren kann.
Es ist keine Schande nichts zu wissen, wohl aber, nichts lernen zu wollen.
Von Platon
Einen Kommentar schreiben