Schön Scheitern: Die Kunst des Versagens
J.K. Rowlings Buchreihe “Harry Potter” wurde von 22 Verlagen abgelehnt, bevor es veröffentlicht wurde. Der Gründer von Kentucky Fried Chicken Colonel Sanders scheiterte hunderte Male, bevor seine Fast-Food-Kette schließlich gefördert wurde. Es gibt noch viele weitere erfolgreiche Personen, die unzählige Male scheiterten, bevor sie die ersten Erfolge für ihre harte Arbeit erfuhren. Und doch ist Scheitern ein negatives, beschämendes Erlebnis, welches wir mit all unserer Macht versuchen zu vermeiden. Versagen und wieder aufstehen zu lernen, ist eine Kunst. Warum Scheitern keine Schwäche ist, sondern sogar schön sein kann, lesen Sie im Artikel von zweikern.
Auch Gewinner sind Verlierer
Liest man Schlagzeilen über erfolgreiche Personen, mögen ihre vermeintliche Trittsicherheit und ihr Selbstvertrauen einschüchternd wirken. Dass sie, bevor sie je den ersten Erfolg verzeichnen konnten, oft zahlreiche Fehlschläge hinter sich hatten, merkt man erst, wenn man hinter die Kulissen des Erfolgs blickt. Dabei ist Versagen über kurz oder lang unvermeidbar. „Leben ist das, was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen“ ist nicht umsonst einer der meistzitierten Songtexte von John Lennon. Oft funktionieren Dinge nicht so, wie wir es gerne hätten, selbst wenn wir unser Bestes geben.
Neun von zehn Start-up-Unternehmen gehen nach spätestens drei Jahren pleite. Einer der Mitbegründer vom Online-Bezahldienst Paypal, Max Levchin, gründete mehrere Start-ups, die allesamt scheiterten. Er ließ sich davon jedoch nicht entmutigen und wurde für sein Durchhaltevermögen belohnt, denn Paypal hat inzwischen weltweit Millionen von Nutzern.
Interpretationssache
Was diese Menschen aus der Masse hervorstechen lässt, ist ihre Reaktion auf Misserfolge. Scheitern ist unweigerlich Teil des Erfolges. Wer sich dessen bewusst ist und versucht, Fehlversuche als Lernerfahrung zu betrachten, ist vielen Menschen bereits einen Schritt voraus. Wenn Sie jetzt denken „Einfacher gesagt, als getan“, haben Sie damit wahrscheinlich recht. Wäre das Aufstehen nach dem Fall einfach, würde jede und jeder von uns sein Potenzial voll ausschöpfen. Scheitern als Chance anzusehen bedarf, wie so vieles im Leben, Übung und der richtigen Einstellung. Versuchen wir, Fehlschläge zu analysieren und aus ihnen zu lernen, werden diese erträglicher und müssen nicht das Ende unserer Anstrengungen bedeuten. Beim nächsten Versuch kann man das Gelernte dann umsetzen. Scheitert man wieder, kann man sich dadurch wieder bessern oder zumindest die Fähigkeit trainieren, Positives in vermeintlich negativen Situationen zu erkennen. Immerhin könnte hinter dem nächsten Versuch oder der nächsten Idee der Durchbruch auf Sie warten.
Siegerqualitäten
Oft werden Risiken, die Erfolge bringen könnten, aus Angst vorm Versagen gar nicht erst eingegangen. Spätestens wenn man sich traut und tatsächlich scheitert, gibt die Mehrheit auf. Und doch gibt es jene, die wahrscheinlich genauso enttäuscht sind wie der Rest, aber trotzdem nicht das Handtuch werfen, sondern so lange auf die Nase fallen, bis der Erfolg vor der Tür steht. Was unterscheidet diese Menschen vom Rest? Natürlich gibt es kein Universalrezept für Durchhaltevermögen, aber es lassen sich doch einige Eigenschaften ausmachen, die Erfolgstypen auszeichnen.
1. Disziplin
Motivation ist die Zündung, Ausdauer und Disziplin sind der Motor. Motivation kann ein enorm effektiver Antrieb sein, um Dinge in Gang zu bringen und Worte in Taten umzusetzen. Was wir alle bereits aus eigener Erfahrung wissen, ist aber, dass die anfängliche Euphorie eher früher als später wieder abklingt. Neujahrsvorsätze werden in den Sand gesetzt, das Fitnessstudio wird statt dreimal die Woche einmal im Monat aufgesucht und das Buch, dass wir eigentlich schreiben wollten, ist längst in Vergessenheit geraten. Die Kunst ist, trotz Unlust weiterzumachen. Wer seine langfristigen Ziele verfolgt, riskiert zwar, zu scheitern, ist aber trotzdem viel näher am Erfolg als jeder, der es gar nicht erst versucht.
2. Perfektionismus
Eine Neigung zum Perfektionismus kann im Arbeitsalltag extrem hilfreich sein. So werden Prozesse und Produkte laufend optimiert, und es wird immer nach Möglichkeiten gesucht, noch besser zu werden. Zwischen perfektionistisch und selbstzerstörerisch liegt jedoch ein schmaler Grat: Leidet das Vertrauen in die Mitmenschen und in die eigenen Fähigkeiten, hat Perfektionismus eher einen hinderlichen Effekt.
3. Leidenschaft
Nach einem Niederschlag weiterzumachen, schafft man vielleicht noch relativ leicht. Nach dem zehnten sieht die Sache gewiss schon anders aus. Was den Kämpfergeist dabei aufrechthält, ist Leidenschaft. Denn steht man nicht voll und ganz hinter seinem Projekt und ist dafür Feuer und Flamme, wird das Ertragen von Rückschlägen zunehmend schwieriger. In Projekte und Ideen, die einem persönlich nahegehen, steckt man meist bedeutend mehr Energie und weist dadurch auch mehr Ausdauer auf.
Schön Scheitern
Wer zu seinen Fehlern steht und mit diesen offen und authentisch umgeht, verschafft sich dadurch Respekt von seinen Mitmenschen. Sich selbst und anderen gegenüber Niederlagen eingestehen zu können, ist oft nicht einfach. Der erste Schritt, um eine Niederlage durchzustehen, ist die negativen Gefühle zuzulassen. Vertraute Mitmenschen können helfen, dem Schmerz entgegenzutreten. Im Anschluss ist wichtig, ganz objektiv zu analysieren, was schiefgelaufen ist und welche Rolle man selbst dabei spielte. Ist der Fehlversuch erst akzeptiert, sollte man stolz auf sich sein, es versucht zu haben. Schließlich sollte das Gelernte auch umgesetzt und weitergemacht werden. Stehen die Ziele nicht mehr im Einklang mit dem Lebensweg, können auch neue Richtungen verfolgt werden. Wichtig ist, nicht aufzugeben, nur weil es beim ersten Versuch nicht geklappt hat.
Fazit zur Kunst des Versagens
Egal, in welchem Lebenskontext, Niederlagen bleiben keinem von uns erspart. Wer sich davon nicht entmutigen lässt und aus Erfahrungen lernt, hat die besten Chancen auf Erfolg. Anstatt also Versagen um jeden Preis zu vermeiden, begegnen Sie Misserfolgen mit offenen Armen und schauen Sie, was passiert.
Leben ist zu 10 Prozent was passiert und zu 90 Prozent wie wir reagieren.
Von Charles R. Swindoll, Pastor und Autor
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