
Selbstbestimmung: Das Erfolgsrezept motivierter Menschen
Warum stürzen wir uns manchmal hochmotiviert auf unsere Ziele, während es uns an anderen Tagen schwerfällt, kleinste Aufgaben zu bewältigen? Vor einigen Wochen hat zweikern bereits den Unterschied und die Effekte von intrinsischer und extrinsischer Motivation genauer erklärt. Neben bereits erwähnten Faktoren wie der Arbeitsumgebung und dem Führungsstil im Unternehmen erforschten die beiden Psychologen Deci und Ryan eine weitere wichtige Komponente der Entstehung intrinsischer Motivation: die Selbstbestimmung. Um selbstbestimmt und zielstrebig durchs Leben gehen zu können, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein. Auf das Erfolgsrezept motivierter Menschen und innovativer Unternehmen geht zweikern heute genauer ein.
Die Wichtigkeit von Kontrolle
In der Psychologie ist die Selbstbestimmung ein wichtiges Konzept. Es beschreibt die Fähigkeit eines Menschen, selbstständig Entscheidungen zu treffen und sein Leben gestalten zu können. Selbstbestimmung gibt den Menschen das Gefühl, dass sie Kontrolle über ihre Entscheidungen und damit auch über ihr Leben haben. Dieses Gefühl der Kontrolle beeinflusst auch unsere psychische Gesundheit und unser Wohlbefinden. Zudem wirkt sich ein Gefühl der Selbstbestimmung auf unsere Motivation aus. Menschen fühlen sich motivierter, etwas zu tun, wenn sie das Gefühl haben, dass ihr Handeln einen Einfluss auf das Ergebnis haben wird. Eine hohe Selbstbestimmung fördert dadurch den Erfolg in sämtlichen Lebensbereichen, da das Durchhaltevermögen gesteigert wird. Diese Erkenntnis wurde in den unterschiedlichsten Bereichen angewandt, unter anderem im Sport, in der Bildung, im Beruf und in der Erziehung.
Die Psychologen Edward Deci und Richard Ryan entwickelten das Modell der Selbstbestimmung bereits Mitte der 1980er Jahre, um intrinsische Motivation genauer erklären zu können. In diesem Zusammenhang ist Motivation das, was uns zum Handeln bewegt, und sie entspringt dem grundlegenden menschlichen Bedürfnis, sich weiterzuentwickeln. Im Gegensatz zur extrinsischen Motivation wird die intrinsische Motivation nicht durch äußerliche Anreize wie Belohnung oder Bestrafung gefördert. Die intrinsische Motivation löst Verhalten um ihrer selbst willen aus, weil eine Handlung Spaß macht oder ansprechend ist. Obwohl extrinsische Motivation ursprünglich durch äußere Anreize gesteuert wird, kann sie durch Internalisierung der Beweggründe zu einer verinnerlichten Motivationsquelle werden. Externe und interne Antriebe können sich also gegenseitig ergänzen und verstärken.
3 wichtige Grundbedürfnisse
Laut Deci und Ryan entspringt intrinsische Motivation der inhärenten, positiven menschlichen Tendenz, sich weiterentwickeln zu wollen. Um dieses Wachstum auch verwirklichen zu können, müssen dabei drei Grundbedürfnisse erfüllt sein, die Selbstbestimmung ermöglichen: Kompetenz, soziale Eingebundenheit und Autonomie.
1. Ich bin kompetent.
Ein hoher Grad an Selbstbestimmung bedeutet auch, die eigenen Fähigkeiten testen und dabei erfolgreich sein zu wollen. Damit einher geht auch eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung, also die Überzeugung, mithilfe von persönlichen Fähigkeiten Schwierigkeiten bewältigen zu können. Haben kompetente Menschen ein Ziel im Kopf, denken sie, dieses auch erreichen zu können.
2. Ich bin sozial eingebunden.
Soziale Eingebundenheit ist ein weiteres menschliches Grundbedürfnis, das einen bedeutenden Einfluss auf unser Wohlbefinden haben kann. Einerseits ist dabei die Rolle, die andere Menschen für einen selbst spielen, sehr wichtig. Andererseits sollte aber auch die Bedeutung, die man selbst für andere hat, betrachtet werden. Hier gilt häufig Qualität vor Quantität: Tiefe, empathische und wohlwollende Verbindungen zu erleben ist für viele Menschen wichtiger als die bloße Anzahl an Beziehungen.
3. Ich handle autonom.
Neben Kompetenz und sozialer Eingebundenheit bildet Autonomie das abschließende Grundbedürfnis, das gegeben sein muss, wenn ein Gefühl der Selbstbestimmung das Ziel ist. Die meisten Menschen wollen das Gefühl haben, Kontrolle über ihr Verhalten und über ihre persönlichen Ziele zu haben. Das Bedürfnis, bewusst etwas tun zu können, um Veränderungen zu bewirken, trägt wesentlich dazu bei, dass wir uns selbstbestimmt fühlen. Wir handeln also autonom, wenn wir freiwillig und reflektiert handeln.
Die positiven Effekte selbstbestimmter Motivation
Auch im Arbeits- und Organisationskontext bildet das Wissen über die Selbstbestimmungstheorie einen klaren Vorteil. Die Arbeitsbedingungen sollten die Erfüllung der drei Grundbedürfnisse soziale Eingebundenheit, Autonomie und Kompetenz ermöglichen, um die Arbeitsleistung und Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu fördern. Der Forscher Olafsen testete 2016 den Einfluss der Selbstbestimmungstheorie auf Arbeitsbedingungen in einer Studie. Er fand einen bedeutsamen Zusammenhang zwischen einem Arbeitsumfeld, das die drei Kernbedürfnisse unterstützt, und höherem Wohlbefinden und besserer Performanz der Mitarbeitenden. Für Organisationen bietet sich durch diese Erkenntnis eine Chance, die Mitarbeitenden bestmöglich einzubinden und ihre Entwicklung gezielt zu fördern.
Hat eine Person ein hohes Maß an Selbstbestimmung, fällt es leichter, eigene Fehler wahrzunehmen und zuzugeben. Mit einem hohen Kompetenzempfinden geht auch die Überzeugung einher, diese Fehler beheben und korrigieren zu können. Menschen mit einer niedrigen Selbstbestimmung hingegen würden eher nach anderen Dingen und Personen suchen, denen sie die Schuld für Fehler zuweisen könnten. Werden die eigenen Schwächen nicht gesehen, können diese auch nicht verbessert werden. Stattdessen treten Hilf- und Machtlosigkeit auf und verschlimmern das Selbstwertgefühl zusätzlich. Streben Unternehmen Innovation und ein hohes Maß an Mitarbeiterzufriedenheit an, ist die Förderung von Selbstbestimmung und den zugrundeliegenden drei Bedürfnissen unabdingbar.
Fazit zur Selbstbestimmung
Ein hohes Maß an Selbstbestimmung ermöglicht kontinuierliches Wachstum. Zahlreiche Forschungsergebnisse verdeutlichen die Bedeutung der drei Grundbedürfnisse für die Fähigkeit, sich entwickeln und gedeihen zu können. Dieser Zusammenhang ist nicht nur für die Gestaltung des eigenen Lebens wichtig, sondern kann auch in weiteren Zusammenhängen wie der Berufswelt oder der Erziehung genutzt werden.
Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will.
Von Jean-Jacques Rousseau (1712-1778, Schriftsteller, Philosoph, Pädagoge, Naturforscher und Komponist)
Literatur:
Deci, E. L., & Ryan, R. M. (2008). Self-determination theory: A macrotheory of human motivation, development, and health. Canadian psychology/Psychologie canadienne, 49(3), 182.
Olafsen, A. H. (2017). The implications of need-satisfying work climates on state mindfulness in a longitudinal analysis of work outcomes. Motivation and Emotion,41(1), 22-37.
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