Unternehmenskultur: 8 Gründe, warum man sie (nicht) braucht
Zahlreiche Unternehmen finden sich aufgrund der momentanen COVID-19-Krise in einer schwierigen Lage wieder. Viele, vor allem kleinere Unternehmen haben bereits den Konkurs angemeldet, während viele weitere um die Marktplätze kämpfen müssen. Ein wichtiger Faktor, der Einfluss auf den Erfolg und die Langlebigkeit eines Unternehmens nimmt, ist die Unternehmenskultur. Diese sollte laufender Kontrolle und Verbesserung unterzogen werden, um Agilität und Flexibilität zu ermöglichen. In Krisenzeiten werden Kulturprojekte jedoch oft links liegen gelassen, obwohl sie genau dann besonders wichtig sind.
Eine von der Bertelsmann Stiftung 2016 veröffentlichte Studie zum Thema „Neue Perspektiven zum nachhaltigen Erfolg durch Unternehmenskultur“ beschreibt die acht wichtigsten Aspekte, die erfolgreiche Unternehmenskulturen ausmachen und warum diese so wichtig sind.Dieser Artikel thematisiert diese Faktoren und warum diese in Krisenzeiten oft vernachlässigt werden. Werden wichtige Werte plötzlich aufgrund von Angst oder Fehlentscheidungen über Bord geworfen, kann dies drastische Folgen für Unternehmen nach sich ziehen und langfristige Schäden anrichten. Deshalb sollte Unternehmenskultur keine Marketingfloskel bleiben, und Kulturprojekte sollten nicht nur imagehalber durchgeführt werden.
1. Fokus auf Kernwerte
In Zeiten der Unsicherheit und Unvorhersehbarkeit werden Werte, die sonst als Kernideen eines Unternehmens dargestellt werden, oft vernachlässigt. Kernwerte wie etwa Familienfreundlichkeit könnten bei Gefährdung der Zukunft des Unternehmens unter den Tisch gekehrt werden. Was erfolgreiche Unternehmen zeigen, ist jedoch die Wichtigkeit konsistenter zentraler Werte wie beispielsweise Effizienz und langfristige Wertsteigerung bei BMW oder Kundenorientierung und Qualität bei Henkel. Diese Werte werden sowohl innerhalb des Unternehmens als auch nach außen klar kommuniziert. Werden diese Grundsätze in Krisenzeiten plötzlich nicht mehr als wichtig erachtet, trägt das nicht nur ein instabiles Bild der Organisation nach außen, auch das Commitment und das Vertrauen der Mitarbeitenden sinken.
2. Kontinuierliche Führung
Auch Führungskompetenzen, die sonst als unerlässlich gelten, werden in Krisenzeiten oft aus einem Gefühl des Kontrollverlusts heraus vernachlässigt. Wichtige Grundsätze wie Transparenz und Offenheit werden bei undurchsichtigem Krisenmanagement schließlich nicht mehr so umgesetzt, wie es der Fall sein sollte. Das fördert die Ausbreitung von Zweifel und die Gerüchteküche brodelt. Dies facht auch die Angst an, den Arbeitspatz zu verlieren. Um den Mitarbeitenden so weit wie möglich ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln, ist ein Festhalten an der gewohnten Transparenz wichtig.
3. Eingespielte Teams
Ein gutes Zusammenspiel zwischen Arbeitnehmervertretern, Gesellschaftern, Aufsichtsrat und weiteren Beteiligten in einem Unternehmen mag im Normalzustand schon nicht ganz einfach sein. Verändern sich jedoch die externen Faktoren des Markts, ändern sich unter Umständen auch die Verantwortungsbereiche und die Aufgabenstellungen. Besteht kein Kommunikationssystem, das einigermaßen reibungslos funktioniert und an dem sich alle beteiligen, droht das gesamte System eines Unternehmens zusammenzubrechen. Dadurch werden Aufgaben doppelt oder gar nicht erledigt, Verantwortlichkeiten verschwimmen und das Delegieren kann zu Missverständnissen führen. Bleibt die Kommunikation innerhalb eines Unternehmens bestehen, können auch Krisen erfolgreich überwunden werden.
4. Corporate Stability
Aus der Fachliteratur übersetzt bedeutet „Corporate Stability“ so viel wie eine langfristige Ausrichtung auf Stabilität und Eigentümerinteressen eines Unternehmens. Vor allem Familienunternehmen zeigen einen Fokus auf langfristige Planung und Ziele, was sich positiv auf den Unternehmenserfolg auswirkt. Diese Einstellung kann in Krisenzeiten durch eine kurzfristige, unbedachtere Ausrichtung ersetzt werden. Einerseits ist dies in gewissem Maße natürlich notwendig, da dadurch das Überleben des Unternehmens gesichert werden kann. Andererseits können durch extreme Kurzsichtigkeit auch Fehlentscheidungen getroffen und langfristigere Ziele gefährdet werden.
5. Flexibilität und Integration
Um als Unternehmen langfristig bestehen zu können, muss die Integration von Menschen aus unterschiedlichen Branchen und Beschäftigungsbereichen ein zentraler Aspekt der Unternehmenskultur sein. Wird das Einholen von externem Wissen vernachlässigt aufgrund von geänderten Verteilungen der Ressourcen, kann auch die Agilität der Organisation darunter leiden. Ressourcen werden in Krisenzeiten oft verlagert auf Schadensbegrenzungen, Arbeitsplatzsicherung und Marktplatzsicherung. Jedoch sollten Flexibilität und Integration nicht völlig vernachlässigt werden, da sonst nicht weiter auf sich ändernde äußere Faktoren reagiert werden kann. Das Unternehmen B. Braun Melsungen (Hersteller von Medizintechnik- und Pharma-Produkten und Dienstleistungen) fördert beispielsweise ein Initiativprojekt zur Integration von arbeitslosen Jugendlichen. Würde dieses Projekt eingestellt werden, würde nicht nur das Unternehmen Mitarbeitende Verlieren, auch die betroffenen Jugendlichen würden vor der Arbeitslosigkeit stehen.
6. Integrität
Unternehmen landen oft vor allem in schwierigen Zeiten wegen Bestechungen, Bestechlichkeit oder anderem Missmanagement in den Schlagzeilen. Das liegt daran, dass aus Verzweiflung heraus oft Entscheidungen getroffen werden, die nicht im Konsens mit den Kernwerten und Leitlinien eines Unternehmens stehen (siehe 1.). Adäquate Reaktionen auf diese Missstände sind wichtig und zeugen von Integrität und einem Festhalten an Grundprinzipien. Nestlé stand in der Vergangenheit unter Kritik für nicht nachhaltige Produktionsketten, was das Unternehmen durch die Einführung des Konzepts einer Wertschöpfungspyramide (Creating Shared Value) bereinigen wollte.
7. Krise als Chance
Werden Krisen als Chance gesehen, können sie von Unternehmen nicht nur erfolgreich überwunden, sondern auch als Verbesserungsmöglichkeit genutzt werden. In Krisenzeiten werden oft Verschwendung und ungünstige Arbeitsabläufe deutlich, welche dann optimiert werden können. In diesem Artikel von zweikern wird noch näher darauf eingegangen, warum Krisen auch immer Chancen zum Wachstum, Wendepunkte und Impulsgeber darstellen.
8. Innovation und Freiräume
Je innovativer Unternehmen sind, desto schneller wachsen sie auch. Dabei werden Intrapreneurship, Kreativität und Innovationsmöglichkeiten der Mitarbeitenden gefördert und laufend unterstützt. Stecken Unternehmen in Schwierigkeiten, wird eine positive Fehlerkultur, welche für Innovationen extrem wichtig ist, schnell vernachlässigt. Fehler gehen immer auch mit Kosten einher, welche das Unternehmen in Krisenzeiten härter treffen als im Normalfall. Wird jedoch bei Innovationen eingespart, leiden wiederum die Agilität und Flexibilität der Organisation darunter, was die Marktfähigkeit langfristig gefährden kann. Gutes Finanz- und Personalmanagement sind dabei unabdingbar.
Fazit zu Unternehmenskultur
Es lassen sich zahlreiche Gründe finden, Unternehmenskultur und Projekte, welche diese verändern und verbessern sollen, in Krisenzeiten zu vernachlässigen. Genau dann sorgt jedoch eine stabile und integre Unternehmenskultur dafür, dass das langfristige Überleben des Unternehmens gesichert ist und die Arbeitsplätze der Mitarbeitenden und Führungskräfte nicht verloren gehen. Kulturprojekte werden oft veranlasst, weil diese Unternehmen zu einem guten Image verhelfen. Werden die daraus abgeleiteten Maßnahmen jedoch nicht wirklich umgesetzt, leiden die Mitarbeitenden und schlussendlich auch die Organisation darunter.
Zum Schluss würde mich noch interessieren, wie Ihre persönliche Meinung zum Thema und den einzelnen Aspekten aussieht.
Den guten Steuermann lernt man erst im Sturme kennen.
Von Seneca, römischer Philosoph
Literatur:
Möltner, H., Göke, J., Jung, C., & Morner, M. (2016). Neue Perspektiven zum nachhaltigen Erfolg durch Unternehmenskultur. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung.
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