
Virtuelle Teams: Die Kommunikation als größte Herausforderung
Teams werden meist aus Menschen mit unterschiedlichsten Wissen und Fähigkeiten zusammengesetzt, um sich gegenseitig bestmöglich zu ergänzen. Alle Teammitglieder haben ein gemeinsames Ziel, das sie verfolgen, wenngleich alle unterschiedliche Aufgaben übernehmen, um dieses Ziel auch zu erreichen. Soll ein Team erfolgreich zusammenarbeiten, ist eine Sache von großer Bedeutung: die Kommunikation. Wenn Teams scheitern, dann meist auf Grund einer schlechten oder sporadischen Kommunikation, oder einer unklaren Ziel- und Anforderungsvereinbarung. Oft entstehen Missverständnisse, Informationen werden nicht oder falsch weitergegeben oder Konflikte entstehen. Noch schwieriger wird es, wenn die einzelnen Teammitglieder örtlich getrennt arbeiten, z.B. im Home-Office arbeiten, in einem anderen Land oder sogar Kontinent. Hier spricht man von virtuellen Teams. Wie kann in so einem Fall der Informationsaustausch aufrechterhalten und eine gute Zusammenarbeit sichergestellt werden?
Grundpfeiler der Kommunikation im Team
Die Kommunikation ist der Grundpfeiler für die Integration eines Teams und besteht immer aus dem Sender einer Botschaft und einem Empfänger. Jede Kommunikation löst beim Empfänger der Botschaft eine Reaktion aus, je nachdem wie die Nachricht aufgefasst und interpretiert wurde. Dabei spielt das Verhalten des Senders eine große Rolle, sowie all die nonverbalen Nachrichten, die mit der Botschaft mitgeschickt werden.
Ein „Hey, du wirkst heute so abwesend, ist alles klar bei dir?“ mit sanfter Stimme und einem besorgten Gesichtsausdruck wirkt auf den Empfänger wie ein fürsorgliches, empathisches Nachfragen, ob denn wirklich alles in Ordnung sei. Wird der gleiche Satz allerdings mit schroffer und fordernder Stimme vermittelt, könnte man auch eine Kritik heraushören, warum man denn schon wieder mit den Gedanken ganz wo anders ist.
Die Kommunikation findet demnach nicht nur auf inhaltlicher Sachebene statt, sondern auch auf der emotionalen Beziehungsebene. Dazu gibt es das bekannte Eisberg Modell von Sigmund Freud, das besagt, dass nur ein kleiner Teil einer Botschaft direkt wahrnehmbar ist. Dieser Teil der Nachricht stellt die Sachebene dar, die reine Inhalte vermittelt. Unter dem Wasser liegt allerdings der viel größere Teil verborgen - die Informationen auf Beziehungsebene, die die Sachinhalte ergänzen aber auch die ganze Botschaft verändern können.
Kommunikation von virtuellen Teams
Nun gibt es viele virtuelle Teams, die räumlich getrennt sind, weil sie z.B. Home-Office betreiben, in unterschiedlichen Niederlassungen oder sogar Ländern tätig sind. In diesem Fall kommunizieren die Teammitglieder nur selten direkt miteinander, sondern benutzen das Handy, E-Mail oder andere Kommunikationsplattformen wie Skype. Hier fallen jeweils Teile der Nachricht auf Beziehungsebene weg. Doch wird es nun leichter oder schwieriger den tatsächlichen Inhalt der Nachricht zu verstehen? Kann es vielleicht auch Vorteile mit sich bringen, wenn Teile der nonverbalen Kommunikation wegfallen? Wird alles dadurch einfacher? Hier ein paar Fakten im Überblick:
Vor- und Nachteile von virtuellen Teams
Höhere Flexibilität
In vielen internationalen Unternehmen ist die Zusammenarbeit über verschiedene Länder oder Kontinente hinweg, ein Muss. Für unterschiedliche Projekte können virtuelle Teams in kurzer Zeit zusammengestellt aber auch wieder aufgelöst werden. Wirtschaftlich gesehen also ein absoluter Vorteil.
Kostenersparnis
Meist bedeutet ein virtuelles Team eine Kostenersparnis. Es werden teure Reisekosten und Personalkosten gespart, da man nicht für jede Niederlassung ein eigenes Team aufbauen muss, sondern diese „großflächiger“ aufbauen kann.
Mehr Know-How
Durch virtuelle Teams können die Experten aus verschiedenen Niederlassungen miteinander diskutieren und die besten Problemlösungen erarbeiten. Dadurch entsteht ein riesiger Pool an Wissen, das optimal für das Unternehmen genutzt werden kann.
Erhöhter Zeitaufwand
Der Informationsweg verlängert sich. Auch in Zeiten von E-Mail, Whats-App, Video Telefonie und Skype dauert die Kommunikation bei räumlich getrennten Teams länger. Egal ob es darum geht eine Veränderung kundzutun, eine Entscheidung zu treffen oder über ein Thema zu diskutieren, es bedeutet im Normalfall einen höheren Zeitaufwand. Vor allem der E-Mail- Kontakt kann sich über Tage hinweg ziehen, bis jedes Teammitglied den Inhalt gelesen und auch die Zeit gefunden hat, zu antworten.
Beziehungsebene fällt weg
Reine Kommunikation über E-Mail ist extrem schwer, vor allem wenn es nicht nur darum geht, kurz über etwas zu informieren, sondern wirklich zusammenzuarbeiten. Dabei entstehen extrem oft Missverständnisse, weil die nonverbalen Informationen verloren gehen und eine Art Filterfunktion entsteht.
Konflikte sind schwer zu lösen
Sind einmal Probleme oder Konflikte entstanden, ist es schwieriger, diese zu erkennen und anzusprechen und können über eine große Distanz auch schwerer gelöst werden.
Niedrigere Produktivität
Durch die „Trägheit“ von virtuellen Teams kann auch die Produktivität geringer sein, als bei realen Teams. Ich vergleiche das gern mit der Politik, in der Entscheidungen auch extrem träge und über 10 Ecken besprochen werden. Sind die Aufgabenbereiche und Ziele nicht ganz genau abgesteckt, werden viele Aufgaben doppelt und dreifach erledigt, andere Aufgabenbereiche werden dafür aus dem Auge verloren oder es entsteht eine Verantwortungsdiffusion.
Geringerer Team Spirit
In Teams, die sich fast nie persönlich treffen, ist es sehr schwer ein „Wir Gefühl“ zu entwickeln. Jeder tut was eben zu tun ist, aber oft fehlt der Blick für das große Ganze. Der zwischenmenschliche Austausch, fehlt hier leider. Einfach mal in das Büro gegenüber zu gehen und nachfragen wie es gerade läuft oder sich kurz auszuheulen, weil nichts so funktioniert, wie man es sich vorgestellt hat, tut auch einmal gut und schweißt das Team zusammen.
Fazit
Ein virtuelles Team kann durchaus Vorteile mit sich bringen. Allerdings ist es meiner Meinung nach wichtig, den Kontakt regelmäßig zu halten. Versuchen Sie einmal wöchentlich ein Teammeeting über virtuelle Kommunikationsplattformen ins Leben zu rufen. Jedes Teammitglied soll in 5-10 Minuten erklärt, womit er gerade beschäftigt ist, welche Probleme aufgetaucht sind und wie sie gelöst wurden. So bleibt man über alle Teammitglieder am Laufenden und die Zusammenarbeit wird erleichtert. Hier können auch generelle Diskussionen besprochen, oder Neuigkeiten mitgeteilt werden. Meiner Erfahrung nach ist reiner E-Mail-Kontakt eher zu vermeiden, da hier oft Missverständnisse entstehen. Je mehr Informationen verbal sowie auch nonverbal bei meinem Gegenüber ankommen, umso besser wird die Kommunikation ablaufen. Wenn möglich sollten auch regelmäßig (mind. einmal im Quartal) persönliche Treffen stattfinden, um grundlegende Themen zu besprechen, Zielvereinbarungen zu treffen und Aufgabenprofile zu erstellen. In vielen virtuellen Teams ist während persönlichen Treffen ein großer Fortschritt zu erkennen, mit großen Schritten Richtung Ziel. Wenn danach wieder jedes Teammitglied seines Weges geht, flacht die Kommunikation schnell ab und die Produktivität sinkt, da jeder wieder zusätzlich mit anderen Aufgaben beschäftigt ist und der Fokus verloren geht. Gerade in dieser Zeit ist die regelmäßige Kommunikation enorm wichtig, um die Motivation aufrecht zu erhalten.
Welche Erfahrungen haben Sie mit virtuellen Teams und deren Kommunikation gemacht? Waren Sie bereits einmal Teil eines virtuellen Teams und konnten positive oder negative Rückschlüsse daraus ziehen? Wir freuen uns über Kommentare und einen spannenden Austausch mit Ihnen!
Wenn wir nicht zusammenarbeiten, werden wir für
unsere Probleme keine Lösung finden
von Dalai Lama
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Kommentar von Anja Gstoettner |
DANKE Frau Andorfer für diesen Impuls. In der Tat fordert uns die Kommunikation ja schon jeden Tag "live und in Farbe" heraus und es zeigt sich immer wieder - wie Sie auch erwähnen - das Kommunikation keinesfalls trivial ist. Wenn dann noch die Erfordernisse von virtuellen Teams und Organisationen dazu kommt bedarf es eigentlich eines "Kommunikationsplans": Wie werden wir zukünftig interagieren; mit welchen Tools; welche Meetingstruktur; wie funktioniert der Austausch von Informationen und wie gewährleisten wie vor allem trouble shooting; funktionieren Daily-Stand-ups auch virtuell??? Fragen über Fragen.
Etablierung von virtuellen Teams ist nach meiner Erfahrung immer auch ein guter Zeitpunkt zunächst einmal die Kommunikation auf lokaler Basis noch´mal auf den Prüfstand zu stellen: Was läuft denn hier so richtig gut und wo müssen wir uns noch optimieren? Erst im nächsten Schritt geht es dann zum virtuellen Team. Heißt es dann für die Zukunft etwa mit Kollegen in Shared Service Centern am "anderen Ende der Welt" zu arbeiten, so ist dies ja häufig ein mehrfacher Veränderungsprozess: der Arbeitsablauf wurde vielleicht auch noch bis eben gerade im eigenen Haus gemanaged und jetzt eben nicht mehr UND ich muss jetzt noch mit Zeitverschiebungen, anderen Kulturen, Ticketsystemen, etc. mich auseinander setzen. Zurück zur Kommunikation: Ihren Vorschlag des persönlichen Kontakts kann ich aus meiner Erfahrung nur unterstützen. Auch wenn es bedeutet, dass Mitarbeiter nach Indien, etc. reisen müssen. Dies war immer eine sinnvolle Investition gerade auch zu Beginn der Zusammenarbeit oder sogar noch bevor das zukünftig virtuelle Team live gegangen ist. Das geht nicht immer für das komplette Team, aber meistens für die Teamleiter oder Schlüsselstellen. Gegenseitiges Kennenlernen und vor allem Verstehen lernen, wie der Arbeitsalltag bei dem anderen aussieht. "Zurück zu Hause" gilt es dann, diesen persönlichen Kontakt zu pflegen: skype meetings oder adobe meetings - also Videoübertragungen in Echtzeit sind auch für kurze Kontakte und den Austausch wichtig. Ein Ticketsystem bedeutet nicht, dass man nicht ganz kurz über skype chatten oder telefonieren kann. Da fragt man auch erstmal, wie es dem Gegenüber heute geht, etc. bevor man zum Punkt kommt. Ich kenne Ingenieur-Teams, die über Jahre Baustellen virtuell gemeinsam betreuen und sich ihre Urlaubsfotos austauschen. Das sind gute Zeichen. Wenn da mal wirklich was schief geht, herrscht nicht gleich der emotionale Ausnahmezustand, sondern man hat eine Basis die Herausforderungen auch gemeinsam zu meisten.
Tools wie Adobe ermöglichen sogar in mehrere Arbeitsgruppen aufgeteilt Arbeitstreffen online zu halten und Ergebnisse auszutauschen, gemeinsam an Herausforderungen zu tüfteln.
Antwort von Carina Andorfer
Liebe Frau Gstoettner!
Ich möchte mich ganz herzlich für Ihr Feedback zu meinem Artikel und vor allem für Ihren wertvollen Tipps und Erfahrungen zum Thema Kommunikation und virtuelle Teams bedanken. Zum anderen möchte ich mich auch für meine späte Antwort entschuldigen, wohl wieder ein Nachteil der virtuellen Kommunikation. =)
Ich kann Ihnen nur zustimmen, dass die "Grundkommunikation" für ein virtuelles Team die Basis darstellt. Dazu finde ich es auch sehr wichtig, in den persönlichen Austausch zu gehen. Ich denke es ist sehr schwierig, diese Kommunikation dann aufrecht zu erhalten. Virtuelle Kommunikation ist immer ein zeitaufwendiges Unterfangen, aber man kann auch, wie Sie schreiben, einfach mal für ein kurzes Gespräch "durchrufen". Ich denke diese emotionalen Ausnahmezustände kommen auch oft durch falsche oder zu wenig Kommunikation (Missverständnisse) zustande. Da muss eigentlich gar nicht so viel schief gehen oder Probleme auftauchen. Es gibt bestimmt einige Möglichkeiten das virtuelle Kommunizieren zu vereinfachen und so unkompliziert wie möglich zu gestalten.
Danke noch einmal für Ihre wirklich sehr hilfreichen Tipps und noch einen schönen Donnerstag!
Liebe Grüße,
Carina Andorfer